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Achelis, Johann Daniel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 3. Abhandlung): Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts: Festvortrag bei der Stiftungsfeier der Akademie am 22. Mai 1938 — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.43749#0010
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Johann Daniel Achelis

den- Cartesianern bestimmt. Die Florentiner Akademie war daher
auch physikalischen Untersuchungen hauptsächlich gewidmet.
Ich möchte als Beispiel für diese Zeit die Schrift des Floren-
tiner Akademikers und Professors in Pisa, Borelli, „De motu
animalium“ wählen. Wenn man das gewichtige Buch durchblättert,
wird auch hier aus den Abbildungen sofort deutlich, worum es
sich handelt. Man findet Skizzen von Skeletteilen, mit und ohne
Muskulatur, daneben dann schematische Skizzen von technischen
Apparaten, Hebeln, Rollen, Seilzügen und vielem anderem. Oder
Fische mit eingezeichneter Schwimmblase und daneben den Ent-
wurf eines Unterseebootes mit eingebauten Luftkästen, Vögel mit
Angabe der Flügel- und Schwanzbewegungen, einen sitzenden Affen
und einen kauernden Menschen mit ihren Schwerpunkten, einen
schlafendenVogel auf einem Ast mit beigegebener mechanischer Ana-
lyse des Klammermechanismus des Vogelfußes, — also offenbar eine
physikalische Mechanik der tierischen Bewegung, schon dem ersten
Eindruck nach mit präzisen physikalischen Messungen durchge-
führt. Die einzige Frage, die man hier stellen könnte, wäre die
nach der Richtigkeit der Messungen und der physikalischen Ana-
lyse. Einzelne dieser Probleme, wie das der Mechanik des Vogel-
fluges, haben auch heute noch erhebliches Interesse, die Mechanik
des menschlichen Bewegungsapparates wird ebenso noch vielfach
nach den Grundsätzen Borellis gelehrt.
Es nimmt dann nicht wunder, daß Borelli sich bei Besprechung
des Kreislaufs als treuer Schüler Harveys erweist. Ihn interessiert
die mechanische Leistung des Herzens, die er übrigens viel zu
hoch berechnet, und die Bewegung des Blutes in den Gefäßen.
Daß es sich um eine Kreisbewegung handelt, scheint ihm das
Wichtigste zu sein. Man versteht dann gut, daß Borelli die
Leber, jenes große Stoffwechselorgan der Antike, nur insoweit
kennt, als sie am Kreislauf der Galle beteiligt ist. Seine Argu-
mente für das Kreisen der Galle von der Leber zum Darm und
wieder zurück sind in allen Einzelheiten von Harveys Analyse
des Blutkreislaufes übernommen. In der Leber tritt lediglich durch
vorgebildete Poren die Galle aus dem Blut in die Gallenwege,
um dann in ihren besonderen Kreislauf einzutreten. Fermentative
Vorgänge werden dabei ausdrücklich als unwahrscheinlich be-
zeichnet. Da die Anschauungen Borellis für längere Zeit maß-
gebend waren, kann man wohl sagen, daß diese seine Entdeckung
des Gallenkreislaufes teuer bezahlt wurde: es ging damit ein
 
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