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Achelis, Johann Daniel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 3. Abhandlung): Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts: Festvortrag bei der Stiftungsfeier der Akademie am 22. Mai 1938 — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.43749#0011
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Die Ernährungsphysiologie des 17. Jexhrhunderts

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großes ärztliches Wissen um die Leberfunktionen gleichzeitig
verloren.
Noch deutlicher wird das Bild, wenn man seine Analyse der
Fortpflanzungsvorgänge heranzieht. Hier glaubt er sich gegen
seinen großen Meister Harvey wenden zu müssen. Harvey hatte
- ein historisch interessantes Faktum — die Meinung vertreten,
daß der männliche Samen auf einem letzten Endes unkörperlichen
Wege die Befruchtung vollzöge. Auch Reignier de Graaf, der
Entdecker der Ovula im Eierstock der Säugetiere, war der Meinung
gewesen, daß sich die Befruchtung „quasi afflatu seminis“, gleich-
sam durch ein Anhauchen spiritualiter vollzöge. Der belebende gött-
liche Odem der Schöpfungsgeschichte tritt hier im 17. Jahrhundert
in Form einer biologischen Theorie auf. Da Borelli den Weg
nachweisen kann, den der Samen nimmt, ist es ein leichtes für
ihn, diese Auffassung Harveys und Graafs zu widerlegen. Seltsam
und bezeichnend ist nur seine Gegenthese: Die Befruchtung voll-
zieht sich durch eine Berührung. Im Zeugungsakt hat sich aber
aus allen Teilen des Körpers durch Vermittlung der Nerven im
Samen ein Fluidum angesammelt, das die Form des Embryos
mitbestimmt. Das wesentliche aber ist sehr einfach darzustellen
durch einen Vergleich: Wie man bei der Pendeluhr das Pendel
anstoßen muß, damit sie geht, müssen auch die Pendel im Ovulum
durch die Samen angestoßen werden, damit die Entwicklung ab-
läuft. Die mechanische Analogie scheint Borelli eine hinreichende
Erklärung zu sein.
Auch das Nervensystem wird nach dem Schema des Blut-
kreislaufes beschrieben. In den Nerven kreisen Flüssigkeiten, vom
Gehirn zu den Muskeln und von den Sinnesorganen wieder zurück,
vom Herzen zum Hirn und vom Hirn zum Herzen, und schließlich
findet sich auf denselben Nervenbahnen ein Kreislauf von und
zu den Keimdrüsen, was dann in der oben kurz erwähnten Ana-
lyse des Zeugungsaktes eine Rolle spielt. Borelli ist nie auf den
Gedanken gekommen, dass man sich durch sehr einfache Experi-
mente davon überzeugen könnte, ob in den Nerven wirklich eine
Flüssigkeit kreist. Es hat hundert Jahre gedauert, bis ein Arzt
nach ihm einen lebenden Nerv durchschnitt und zeigte, dass dann
keine Flüssigkeit ausströmte, und dass die Nerven gar keine Höhlung
für einen Flüssigkeitstransport besitzen. Offenbar genügte es für
Borelli, wenn er Bewegungen fester und flüssiger Teile überall
annahm, und er drückte in dieser mechanischen Sprache dann
 
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