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Rodenwaldt, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 2. Abhandlung): Frühzeitige Erkennung und Bekämpfung der Heeresseuchen — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43760#0009
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und Bekämpfung der Heeresseuchen

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Hier entscheidet also nicht der einzelne klini-
sche Fall, sondern das Epidemiebild. Starke Häufung
der Fälle wird immer für Ruhr sprechen. Denn diese Seuche,
deren Erreger mit Ausnahme des Bazillus Kruse-Sonne ja sehr
hinfällig sind, so hinfällig, daß die bakteriologische Diagnose sehr
häufig, im Kriege fast immer, versagte, schafft es so zu sagen
durch die Massenhaftigkeit der Ausstreuung der Keime, durch
die Häufigkeit der erschöpfenden Stuhlgänge, die den Erkrankten
ganz gleichgültig machen. In Feldverhältnissen sind wir hiergegen
fast waffenlos.
Die Schwierigkeit der bakteriologischen Diagnose, wenn man
nicht frischen Stuhl aus den ersten Krankheitstagen sofort
zur Untersuchung bekommt, hat uns im Krieg viel Kopfzerbre-
chen gemacht. An mehreren Stellen wurde versucht, Brutschränke
in Autos einzubauen und mit den Auspuffgasen zu heizen. Und
sehr rasch entschloß man sich, auf den bakteriologischen Nach-
weis bei der Masse der Fälle zu verzichten, wenn nur überhaupt
für einige Fälle innerhalb eines massenhaften Auftretens der
Krankheit der bakteriologische Befund die Diagnose Ruhr be-
stätigte.
Man kann überzeugt sein, daß dies für die SHIGA-Ruhr und
für die Infektion mit Y- und FLEXNER-Bazillen auch in jedem neuen
Kriege so sein wird. Für die Infektion mit KRUSE-SONNE-Bazillen
aber wird es nicht der Fall sein, denn dieser Keim hält sich
während des klinischen Verlaufs im Stuhl, er verträgt auch langen
Transport, er hält sich ja aber leider auch sehr lange im Rekonvales-
zenten und überdauert im Dauerausscheider auch Kälteperioden.
Man muß annehmen, daß diese erst nach dem Kriege erkannte
Form der Ruhr auch im Weltkrieg schon eine sehr wesentliche
Rolle gespielt hat und eine solche auch in jedem folgenden Kriege
spielen wird. Wir haben diese Form der Ruhr hygienisch-bakte-
riologisch nicht anders zu betrachten wie die Typhen und Para-
typhen und müssen darauf dringen, daß Rekonvaleszenten aufs
genaueste auf Ausscheidertum untersucht werden.
Damit steht der Sanitätsdienst bezüglich der Ruhr in einem
künftigen Kriege vor einer neuen Situation und einer neuen
Aufgabe.
Noch eines aber ist dazu zu sagen. Es geht nicht an, daß
man eine große Zahl von Enteritisfällen nur deshalb nicht als
„Ruhr“ führt, weil in der Mehrzahl ihrer Stühle Schleim und Blut
 
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