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Bieberbach, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1940, 5. Abhandlung): Die völkische Verwurzelung der Wissenschaft (Typen mathematischen Schaffens) — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.43997#0028
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28

Ludwig Bieberbach:

fern haben die im Deutschen Volk offenbar vorherrschenden Typen
ein einheitliches Gepräge? Und zweitens, welchen Nutzen können
solche Betrachtungen über Stilarten gewähren? Sind sie bloß
mehr oder weniger überflüssige Spekulationen, bei denen der alte
Gelehrtenbart nur vielleicht einen anderen Schnitt trägt?
Nun zur ersten der beiden Fragen, nämlich nach dem gemein-
samen Deutschen Charakter der verschiedenen besprochenen
Typen. Ich wollte von der völkischen Verwurzelung der Wissen-
schaft sprechen und habe bis jetzt nichts anderes getan, als Ver-
schiedenheiten aufzuzeigen, die sich bei einer Betrachtung der
Schaffensstile ergeben. Es ist gerade, als ob ich statt der völki-
schen Verwurzelung eine Zersplitterung hätte herausstellen wollen.
Es ist aber auffallend, daß es nur gewisse Typen sind, die unter
den großen Mathematikern unseres Volkes vorkommen. Diese
werden durch das Gefühl zusammengehalten, daß sie alle Deutsch
sind, daß sie völkisch zusammengehören und sich ergänzen. Ich
möchte in diesem Zusammenhang auf ein Wort von Ernst
Moritz Arndt hinweisen. Es lautet:
„Das fließende, schwimmende, schwärmende von Bildern zu
Bildern, von Gestalten zu Gestalten schweifende und Über-
schweifende und doch so schwer die Gestalten zusammenfassende
und bildende, dies ist die verborgene Deutschheit und Schwär-
merei, unser Tiefsinn, unser Kunstsinn, unser Genie, die geheime
Deutsche Art, deren werdendes und sprudelndes Leben in der
geistigen Deutschen Schöpfungsweise kein Fremder uns ablau-
schen wird, weil wir es uns selbst nicht ablauschen können.
Gerade hier, wo er unsere Fülle und unseren Reichtum anstaunen
sollte, zeiht er uns am gewöhnlichsten der Ungestalt und der
UnVollkommenheit. Aber wie wollte er hier unser Wundersames
und Rätselhaftes begreifen, da wir uns auf diesem Gebiet selbst
ein verhülltes Rätsel sind“ 31).
In glänzender Weise hat hier Arndt den Reichtum geschildert,
der dem Deutschen Volke in seiner vielgestaltigen geistigen Schöp-
fungsweise geschenkt ist. Es mag als eine kleine Zahl erscheinen,
wenn wir beim mathematischen Schaffen nur drei Typen haben
aufweisen können, die rein Vorkommen, ohne sich zu überschneiden.
Aber empfinden wir nicht auch bei den Mathematikern, die wir
zum gleichen Typus rechneten, wieder starke individuelle Unter-
31) E. M. Arndt. Volk und Staat, Kröner’s Taschenausgaben Nr. 117,
S. 106.
 
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