24
AV. SOERGEL: Der Klimacharakter
1 Jahrhunderttausend unter Eis, und vor dieser langen Vereisungs-
zeit, während der die Eismassen zeitweise den 50. Grad n. Br. nach
Süden überschritten, hat es mehrere Kalt- und Eiszeiten mit weit
über die gegenwärtige hinausgehenden Vergletscherungen gege-
ben, wie die Kieslager von Süßenborn und von Frankenhausen und
wie die alten diluvialen Schotterterrassen erweisen. Wenn Eiszeiten
die Entwicklung des Vielfraß zur Kaltform bedingt haben, so
müssen schon die älteren Eiszeiten an der Umprägung des Klima-
charakters beteiligt gewesen sein und es muß als wahrscheinlich
gelten, daß schon vor der Rißeiszeit ein Kaltformencharakter ge-
wonnen war. In dieser Auffassung bestärkt uns das Gulovorkom-
men in den Mosbacher Sanden.
Kormos hat den bisher von Mosbach allein vorliegenden Unter-
kiefer auf Gulo schlosseri bezogen, nicht zum wenigsten auch des-
halb, weil er die ,,Mosbach-Stufe“ für gleichaltrig hielt mit den
„Machaerodusschichten“, die am Somlyoberg bei Püspökfürdö die
Reste von Gulo schlosseri geliefert haben. Die Mosbacher Sande
sind aber in dem hier in Betracht kommenden Hauptkomplex we-
sentlich jünger (vgl. auch Heller 1936a). Daß der in diesen Sanden
gefundene Unterkiefer zu Gulo schlosseri zu stellen sei, ist von
Kormos angenommen, aber nicht bewiesen worden. Bei der großen
Variationsbreite der Zahnmerkmale, selbst der, auf die Kormos
seine neue Art gründete (vgl. Hilzheimer 1936a), können nur aus
variationsstatistischen Untersuchungen endgültige Ergebnisse über
die Stellung fossiler Einzelfunde gewonnen werden. Der geologisch
jüngere Gulo von Mosbach kann nach seinem Merkmalsbestand am
ehesten als eine jüngere Mutante aufgefaßt werden; größere Un-
terschiede gegenüber Gulo schlosseri sind von vornherein nicht zu
erwarten, da ja diese älteste diluviale Form sich von der jungdilu-
vialen und der rezenten in spezifischen Merkmalen selbst nur we-
nig unterscheidet, der Entwicklungsfortschritt über das ganze Eis-
zeitalter also nur recht gering war. Auf jeden Fall scheint die Auf-
fassung nicht berechtigt, daß der Vielfraß von Mosbach den glei-
chen Klimacharakter wie der von Püspökfürdö besessen haben
müßte. In dieser Frage ist vor allem beachtenswert, daß unter dem
überaus reichenSäugetiermaterial der von Schmidtgen über 3 Jahr-
zehnte vorbildlich betreuten Mosbacher Sande neben Gulo auch
Praeovibos und Rangifer, große und in ihren Resten daher leicht
auffindbare Tiere, nur in je einem Fundstück vertreten sind. Das
beweist, daß diese Arten nicht zum Standwild der Mosbacher Ge-
AV. SOERGEL: Der Klimacharakter
1 Jahrhunderttausend unter Eis, und vor dieser langen Vereisungs-
zeit, während der die Eismassen zeitweise den 50. Grad n. Br. nach
Süden überschritten, hat es mehrere Kalt- und Eiszeiten mit weit
über die gegenwärtige hinausgehenden Vergletscherungen gege-
ben, wie die Kieslager von Süßenborn und von Frankenhausen und
wie die alten diluvialen Schotterterrassen erweisen. Wenn Eiszeiten
die Entwicklung des Vielfraß zur Kaltform bedingt haben, so
müssen schon die älteren Eiszeiten an der Umprägung des Klima-
charakters beteiligt gewesen sein und es muß als wahrscheinlich
gelten, daß schon vor der Rißeiszeit ein Kaltformencharakter ge-
wonnen war. In dieser Auffassung bestärkt uns das Gulovorkom-
men in den Mosbacher Sanden.
Kormos hat den bisher von Mosbach allein vorliegenden Unter-
kiefer auf Gulo schlosseri bezogen, nicht zum wenigsten auch des-
halb, weil er die ,,Mosbach-Stufe“ für gleichaltrig hielt mit den
„Machaerodusschichten“, die am Somlyoberg bei Püspökfürdö die
Reste von Gulo schlosseri geliefert haben. Die Mosbacher Sande
sind aber in dem hier in Betracht kommenden Hauptkomplex we-
sentlich jünger (vgl. auch Heller 1936a). Daß der in diesen Sanden
gefundene Unterkiefer zu Gulo schlosseri zu stellen sei, ist von
Kormos angenommen, aber nicht bewiesen worden. Bei der großen
Variationsbreite der Zahnmerkmale, selbst der, auf die Kormos
seine neue Art gründete (vgl. Hilzheimer 1936a), können nur aus
variationsstatistischen Untersuchungen endgültige Ergebnisse über
die Stellung fossiler Einzelfunde gewonnen werden. Der geologisch
jüngere Gulo von Mosbach kann nach seinem Merkmalsbestand am
ehesten als eine jüngere Mutante aufgefaßt werden; größere Un-
terschiede gegenüber Gulo schlosseri sind von vornherein nicht zu
erwarten, da ja diese älteste diluviale Form sich von der jungdilu-
vialen und der rezenten in spezifischen Merkmalen selbst nur we-
nig unterscheidet, der Entwicklungsfortschritt über das ganze Eis-
zeitalter also nur recht gering war. Auf jeden Fall scheint die Auf-
fassung nicht berechtigt, daß der Vielfraß von Mosbach den glei-
chen Klimacharakter wie der von Püspökfürdö besessen haben
müßte. In dieser Frage ist vor allem beachtenswert, daß unter dem
überaus reichenSäugetiermaterial der von Schmidtgen über 3 Jahr-
zehnte vorbildlich betreuten Mosbacher Sande neben Gulo auch
Praeovibos und Rangifer, große und in ihren Resten daher leicht
auffindbare Tiere, nur in je einem Fundstück vertreten sind. Das
beweist, daß diese Arten nicht zum Standwild der Mosbacher Ge-