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Häfner, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1993/1994, 1. Abhandlung): Weshalb erkranken Frauen später an Schizophrenie?: vorgetragen in der Sitzung vom 13. Februar 1993 — Berlin, Heidelberg [u.a.]: Springer, 1994

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48136#0018
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H. Häfner

Grundlage der nach standardisiertem Verfahren erhobenen Teilstichprobe lauten bei
Männern 63%, bei Frauen 62%. Der Geschlechtsunterschied war damit verschwun-
den, und der Unterschied der Jahresaufnahmeraten gegenüber Mannheim fragwürdig
geworden.
Aus dem deutschen ABC Interview-Sample von 276 Erstaufnahmen mit der-
selben weiten Diagnosendefinition hatten 73% der Männer und 79% der Frauen mit
demselben diagnostischen Verfahren eine operationalisierte Diagnose ICD 295
erhalten. Damit wurde deutlich, daß die dänischen Psychiater im klinischen Alltag
Schizophrenie erheblich unterdiagnostizieren, und zwar bei Frauen mehr als bei
Männern und in einem Umfang, dessen Berücksichtigung zu annäherungsweise
gleichen Erstaufnahmeraten für die eng definierte Diagnose Schizophrenie von 11
bis 12 pro 100 000 in beiden Ländern führt. Darüber hinaus hat dieser zur Kontrolle
von Diagnoseartefakten unternommene Schritt bestätigt, daß der Vergleich der
Fallregistersamples aus Dänemark und Mannheim insoweit aussagekräftig ist, weil
ihm trotz unterschiedlicher Häufigkeit klinischer Diagnosen auf beiden Seiten
dieselben Krankheitszustände in annähernd gleicher Häufigkeit zugrundegelegen
hatten.
Die Prüfung der ersten Hypothese -
dem Geschlechtsunterschied im Erstaufnahmealter liegt ein solcher
im Ersterkrankungsalter zugunde - an Primärdaten
Das Erhebungsinstrument
Damit rückte die Prüfung der Frage näher, ob dem Unterschied im Erstaufnahmealter
tatsächlich ein Geschlechtsunterschied im Ersterkrankungsalter zugrundeliegt. Zur
genauen Erfassung des Erkrankungsbeginns mußten wir ein geeignetes Instrument
entwickeln, da ein operationalisiertes Erhebungsverfahren bisher nicht zur Ver-
fügung stand.
Das strukturierte Interview IRAOS (Instrument for the Retrospective Assessment
of the Onset of Schizophrenia) wurde auf der Basis international bewährter Skalen
konstruiert (Häfner et al. 1990). Erfaßt werden Veränderungen im sozialen Bereich,
Symptomatik, unspezifische Anzeichen oder Prodromi, funktionelle Beeinträchti-
gung und soziale Behinderung. Sie werden mit Hilfe von Ankerereignissen in eine
Zeitmatrix eingeordnet, um die Datierung von Erinnerungen zu erleichtern. Zur Ver-
minderung der wichtigsten Fehlerquelle retrospektiver Erhebung, Gedächtnis-
mängel, wurde das IRAOS bei drei Informationsquellen unabhängig erhoben, am
Kranken selbst, seinem nächsten Angehörigen und auf der Grundlage aller verfüg-
baren Akten (Tabelle 3). Zur Zuverlässigkeitsprüfung der Altersschätzungen haben
wir für verschiedene Definitionen von Krankheitsbeginn die aus drei Quellen gewon-

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