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H. Häfner
fen. Die erste Annahme, auf die wir stießen, wurde von der Tatsache nahegelegt,
daß 46% der schizophrenen Frauen, aber nur 16% der Männer bereits zum Zeit-
punkt der ersten Krankenhausaufnahme jemals verheiratet gewesen waren. Das
mittlere Alter bei erster Heirat betrug im Erhebungsjahr in der Bundesrepublik bei
Männern 28,0, bei Frauen 25,5 Jahre. Da das mittlere Ersterkrankungsalter der
Männer 24,3, der Frauen 27,5 Jahre beträgt, ist zu erwarten, daß bei Krankheits-
ausbruch wesentlich mehr Frauen als Männer bereits verheiratet sind. Wir hatten
deshalb die Alternativhypothese zu prüfen: A) Frühe Heirat schützt Frauen häufiger
vor Schizophrenie (Protektionshypothese). B) Die früher beginnende Schizophre-
nie wirkt bei den im Durchschnitt später heiratenden Männern häufiger als Ehehin-
dernis (Selektionshypothese). Tatsächlich wurde die Vermutung, die Ehe übe eine
Schutzfunktion gegenüber psychosozialem Streß aus, während die größere Isolati-
on alleine Hebender ein Risikofaktor für Schizophrenie sein könnte, schon mehr-
fach vertreten (siehe Häfner et al. 1993).
Zur Prüfung dieser Alternativhypothese haben wir das zeitliche Nacheinander von
Heirat und Krankheitsausbruch ermittelt. Demnach hatten nur 4 Männer (3%) und 12
Frauen (9%) nach dem Auftreten des ersten Zeichens einer psychischen Erkrankung
und nur zwei Männer und eine Frau nach dem Auftreten des ersten psychotischen
Symptoms noch geheiratet. Alle übrigen hatten vorher geheiratet und waren bei Aus-
bruch der Psychose teilweise bereits wieder geschieden (Riecher-Rössler et al. 1992).
Das bedeutet, daß die Schizophrenie vom Auftreten der ersten Symptome an die
Chance einer Eheschließung radikal vermindert. Eedig bleiben ist daher eher eine
Folge der Erkrankung als ein Beitrag zu ihrer Verursachung. Allerdings können wir
die Hypothese, die Ehe übe generell eine Schutzwirkung gegen den Ausbruch der
Krankheit aus, nicht verwerfen, obwohl sie nach unseren Ergebnissen nicht mehr
plausibel ist. Wir haben nämlich nur Schizophrene hinsichtlich Häufigkeit und Zeit-
punkt der Eheschließung und nicht die beiden Risikobevölkerungen Verheiratete
versus Unverheiratete hinsichtlich ihres Schizophrenierisikos untersucht.
Ein weiteres Argument der Prüfung der Plausibilität psychosozialer versus bio-
logischer Erklärung ist die Abhängigkeit des Geschlechtsunterschieds im Erst-
erkrankungsalter von soziokulturellen Faktoren. Wir haben deshalb bereits den
Geschlechtsunterschied im Erstaufnahmealter unter verschiedenen Diagnose-
definitionen transnational zwischen Dänemark und Deutschland verglichen. Unter
derselben Fragestellung analysierten wir mit Erlaubnis der Weltgesundheitsorgani-
sation die Daten jener methodisch sorgfältig geplanten WHO Studie zur Inzidenz
der Schizophrenie, die in zwölf Zentren von 10 Ländern durchgeführt worden war
(Jablensky et al. 1992). Bei der Auswertung der gepoolten Daten lag das mittlere
Ersterkrankungsalter der Frauen in weitgehender Übereinstimmung mit unseren Er-
gebnissen mit 3,4 Jahren auf dem .001-Niveau signifikant höher als jenes der Män-
ner. In Einzelvergleichen, in die wir die Daten aus 11 Zentren von 10 Ländern ein-
beziehen konnten, war das Ersterkrankungsalter der Frauen in keinem Fall niedriger
- 16-
H. Häfner
fen. Die erste Annahme, auf die wir stießen, wurde von der Tatsache nahegelegt,
daß 46% der schizophrenen Frauen, aber nur 16% der Männer bereits zum Zeit-
punkt der ersten Krankenhausaufnahme jemals verheiratet gewesen waren. Das
mittlere Alter bei erster Heirat betrug im Erhebungsjahr in der Bundesrepublik bei
Männern 28,0, bei Frauen 25,5 Jahre. Da das mittlere Ersterkrankungsalter der
Männer 24,3, der Frauen 27,5 Jahre beträgt, ist zu erwarten, daß bei Krankheits-
ausbruch wesentlich mehr Frauen als Männer bereits verheiratet sind. Wir hatten
deshalb die Alternativhypothese zu prüfen: A) Frühe Heirat schützt Frauen häufiger
vor Schizophrenie (Protektionshypothese). B) Die früher beginnende Schizophre-
nie wirkt bei den im Durchschnitt später heiratenden Männern häufiger als Ehehin-
dernis (Selektionshypothese). Tatsächlich wurde die Vermutung, die Ehe übe eine
Schutzfunktion gegenüber psychosozialem Streß aus, während die größere Isolati-
on alleine Hebender ein Risikofaktor für Schizophrenie sein könnte, schon mehr-
fach vertreten (siehe Häfner et al. 1993).
Zur Prüfung dieser Alternativhypothese haben wir das zeitliche Nacheinander von
Heirat und Krankheitsausbruch ermittelt. Demnach hatten nur 4 Männer (3%) und 12
Frauen (9%) nach dem Auftreten des ersten Zeichens einer psychischen Erkrankung
und nur zwei Männer und eine Frau nach dem Auftreten des ersten psychotischen
Symptoms noch geheiratet. Alle übrigen hatten vorher geheiratet und waren bei Aus-
bruch der Psychose teilweise bereits wieder geschieden (Riecher-Rössler et al. 1992).
Das bedeutet, daß die Schizophrenie vom Auftreten der ersten Symptome an die
Chance einer Eheschließung radikal vermindert. Eedig bleiben ist daher eher eine
Folge der Erkrankung als ein Beitrag zu ihrer Verursachung. Allerdings können wir
die Hypothese, die Ehe übe generell eine Schutzwirkung gegen den Ausbruch der
Krankheit aus, nicht verwerfen, obwohl sie nach unseren Ergebnissen nicht mehr
plausibel ist. Wir haben nämlich nur Schizophrene hinsichtlich Häufigkeit und Zeit-
punkt der Eheschließung und nicht die beiden Risikobevölkerungen Verheiratete
versus Unverheiratete hinsichtlich ihres Schizophrenierisikos untersucht.
Ein weiteres Argument der Prüfung der Plausibilität psychosozialer versus bio-
logischer Erklärung ist die Abhängigkeit des Geschlechtsunterschieds im Erst-
erkrankungsalter von soziokulturellen Faktoren. Wir haben deshalb bereits den
Geschlechtsunterschied im Erstaufnahmealter unter verschiedenen Diagnose-
definitionen transnational zwischen Dänemark und Deutschland verglichen. Unter
derselben Fragestellung analysierten wir mit Erlaubnis der Weltgesundheitsorgani-
sation die Daten jener methodisch sorgfältig geplanten WHO Studie zur Inzidenz
der Schizophrenie, die in zwölf Zentren von 10 Ländern durchgeführt worden war
(Jablensky et al. 1992). Bei der Auswertung der gepoolten Daten lag das mittlere
Ersterkrankungsalter der Frauen in weitgehender Übereinstimmung mit unseren Er-
gebnissen mit 3,4 Jahren auf dem .001-Niveau signifikant höher als jenes der Män-
ner. In Einzelvergleichen, in die wir die Daten aus 11 Zentren von 10 Ländern ein-
beziehen konnten, war das Ersterkrankungsalter der Frauen in keinem Fall niedriger
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