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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1909, 5. Abhandlung): Über die Nachkommen künstlich veränderter Blüten von Semperivivum — Heidelberg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.37024#0026
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Georg Klebs:

gänge ein wenig veranschaulichen (vgl. KLEBS 1903, S. 158,
ferner die Darlegungen BAURS 1908, S. 280). Denn selbst in-
folge kleiner Änderungen der chemischen Struktur (durch Sub-
stitutionen, Kondensationen u. dergl.) kann sich das Verhalten
gewisser Merkmale gegenüber den gleichen Außenfaktoren so-
fort ändern. Wenn das bei 20° (bei normalem Druck) gasförmige
Monochloräthan (CTRC1) in Dichloräthan ((TH^CL) umgewandelt
wird, so ändert sich sofort das Verhältnis zur Temperatur, da
Dichloräthan bei 20° flüssig bleibt; bei der gleichen Temperatur
ist das Hexachloräthan (CgCü) bereits fest.
Die innere Veränderung der Geschlechtszellen, die zu einer
erblichen Mutation führt, kann in Einzelfällen kleiner oder größer
sein, ein oder mehrere oder alle Merkmale betreffen; darauf
kommt es im Prinzip nicht so sehr an. Vergleichen wir z. B.
die zahlreichen elementaren Spezies der LiNNE'sehen Drohn
rer/m, würden wir dazu noch die innerhalb einer Spezies unter-
scheidbaren reinen Linien (im Sinne von JoHANNSEN) nehmen,
so könnte man sich fast kontinuierliche Reihen von Übergangs-
gliedern auf stellen, von denen jedes von den vorhergehenden wie
folgenden nur durch kleine quantitative Unterschiede getrennt
ist, aber eben durch Unterschiede, die bei gleicher Beschaffenheit
der Außenwelt konstant erscheinen. Daher ist auch die Se-
lektionstheorie DARWINS nicht deshalb falsch, weil sie als Aus-
lesematerial Spezies voraussetzt, die nur durch kleine Unter-
schiede in Maß, Zahl, Intensitätsgrad und Form getrennt sind.
Diese Voraussetzung entspricht den tatsächlichen Verhältnissen.
Aber sie ist falsch, einmal weil sie nicht unterschieden hat
zwischen vorübergehenden Änderungen (Variationen oder Modi-
fikationen) und den erblichen, den Mutationen, vor allem auch,
weit der Faktor „Auslese" vom physiologischen Standpunkt aus
niemals die Entstehung erblicher Änderungen erklären kann.
Seitdem NAGELi (1884) diese Grundfehler der Selektionstheorie
ktar und einleuchtend aufgedeckt hat, seitdem DE VRiES auf
Grund eines so reichen Materials an Beobachtungen und Ver-
suchen wesentlich in gleichem Sinne gegen die Selektionstheorie
aufgetreten ist, hat auf dem Gebiete der Botanik die Auffassung
der Auslese als artbildender Faktor jeden Boden verloren. Die
letzten Reste des Glaubens werden wohl von den Untersuchungen
JoHANNSENS (vgl. die ausführliche Darstellung 1909) zerstört
werden.
 
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