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Lenard, Philipp; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 16. Abhandlung): Über Äther und Materie: Vortrag ... — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37042#0023
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Uber Äther und Materie.

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daß die Verknüpfungen zwischen Wirbeln und Strömungen in der
Tat den Verknüpfungen zwischen magnetischen und elektrischen
Kräften entsprechen, daß aber völlige Deckung dieses Mechanis-
mus mit den MAXWELL'schen Gleichungen doch nicht statthat.
Der Mechanismus entspricht einem um ein wenig veränderten
Gleichungssystem. Es wird noch ein Glied in der Gleichung
durch diesen KELviN-MAXWELL-BjERKNEs'schen Mechanismus
hinzuverlangt. Beide können also nicht richtig sein, die
Gleichungen und dieser Mechanismus. Welches von beiden
ist das Unvollkommene, streng gesprochen, Falsche? Die
Gleichungen sind gestützt durch ihre erwähnte, stets nur
bestätigte Bewährtheit; der Mechanismus ist gestützt durch
unser inneres Bedürfnis, daß es einen Mechanismus gehen
müsse, und dieser bestimmte Mechanismus dadurch, daß es
bisher nicht gelang, einen anderen durchzuführen. An diese
Diskrepanz zwischen Äthermechanismus und MAXWELL'schen
Gleichungen, an der allgemeinen Erkenntnis, daß diese Glei-
chungen in ihrer gegenwärtig angenommenen Form ohne einen
über sie hinausgehenden Zusatz überhaupt keinem Mechanis-
mus entsprechen können, da sie nicht auf Gleichungen der
Mechanik zurückführbar sind, — hieran knüpfen sich die
in gegenwärtiger Zeit auftretenden Zweifel, welche wir eingangs
in der Frage zum Ausdruck brachten: ob der Menschengeist
darauf eingerichtet sei, die Natur als einen Mechanismus zu
begreifen. Soll die Frage zu bejahen sein, so müssen wir über
die MAXWELL'schen Gleichungen hinausgehen. Durch die er-
wähnten Arbeiten von BjERKNES wird ein Zusatz zu den Glei-
chungen in bestimmter Form gegeben; es erwächst daraus die
Aufgabe, zuzusehen, ob das Zusatzglied der Wirklichkeit ent-
spricht. Wir haben Versuche im physikalischen Institut im
Gange, welche zu dieser Entscheidung beitragen sollen. Für
jetzt ist nur soviel zu bemerken, daß das Glied nach der von
uns benutzten Auffassung sich auf Erscheinungen bezieht, welche
bei Übereinanderlagerung von starken magnetischen mit starken,
aber inhomogenen elektrischen Feldern sich zeigen könnten und
daß das Glied leicht sehr kleine Werte annehmen kann, wenn
die Dichte des Äthers nicht eine gewisse Grenze überschreitet.?)
Ist die von uns in den Vordergrund gestellte Auffassung der elek-
trischen Kraftlinien als Wirbelfäden, welche den Äther nicht kontinuierlich
erfüllen, richtig, so könnte es auch sein, daß das BjERKNEs'scbe Zusatzglied
jederzeit den Wert Null hat.
 
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