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Lenard, Philipp; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 16. Abhandlung): Über Äther und Materie: Vortrag ... — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37042#0027
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Über Äther und Materie.

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von selber, ohne daß wir bisher einen Einfloß auf Staltfinden oder
Nichtstatthnden dieser Vorgänge auszuüben vermöchten.
Was ist nun aber der Grundstoff, aus welchem alle Atome
aufgebaut sind und von welchem sie nur verschieden große
Mengen darstellen? Um hierauf Antwort zu erhalten, mußte man
erst näheres über die Kathodenstrahlen selbst wissen. Es zeigte
sich, daß sie geschleuderte, negative Elektrizität sind. Elektrizität
selbst, frei von Materie. Elektrizität, welche man damals eben
schon fast nur mehr qls einen theoretischen Hilfsbegriff aufzu-
fassen sich gewöhnte, weil man, wie schon FARADAY, immer ver-
geblich nach ihr gesucht hatte; man hatte nur elektrische Körper
gefunden, aber niemals Elektrizität selber. Diese Strahlen haben
uns von der Realität der Elektrizität überzeugt, und zwar ist es
die negative Elektrizität, welche wir in diesen Strahlen frei
von Materie haben. Niemals ist es gelungen, was seither viel
gesucht wurde, auch die positive Elektrizität frei von Materie
zu erhalten.s)
Die Bewegung der Elektrizität in diesen Strahlen erfolgt mit
etwa 1/3 Lichtgeschwindigkeit. Die Elektrizität selbst ist in ihnen
ganz ebenso in Elementarquanten oder Elektronen abgeteilt ent-
halten, wie dies auch sonst von Erscheinungen der Elektrolyse her
schon angenommen wurde. Diese geschleuderten Elektrizitätsquanten
der Strahlen durchfliegen die Atome des Gases, auf welche sie
treffen, so wie sie auch die Aluminiumatome des Verschlusses
der Erzeugungsröhre durchfliegen. Sie durchqueren die kleinen,
den Atomen zugehörigen Räume. Durch eine einfache Rechnung
kann man sich überzeugen, daß sie nicht etwa nur die Zwischen-
räume der Atome bei ihrem Wege durch die Materie benutzen.
Wenn nun ein solches Elektrizitätsquanium ein Atom durch-
quert, so wird es, wenn es nicht im Atom festgehalten wird (Ab-
sorption), von der geraden Bahn abgelenkt und kommt also in
veränderter Richtung aus dem Atom wieder heraus, worin die
erwähnte Trübung der Materie diesen Strahlen gegenüber besteht.
Die Krummlinigkeit der Bahn bei der Durchquerung der Atome
zeigt, daß elektromagnetische Felder im Innern der Atome vor-
handen sein müssen und zwar außerordentlich starke. Denn

8) Das Suchen wird nicht aufgegeben werden ; der gegenwärtige An-
schein verspricht aber keinen Erfolg mit bekannten Mitteln, wenn man nicht
etwa dazu kommt einzusehen, daß das Wasserstoffatom, wenn es ein nega-
tives Quant verloren hat, bereits gleich einem einzelnen positiven Quant sei.
 
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