Über Äther und Materie.
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handener, verschiedener Bewegungen eines und desselben Körpers
kam es, daß die ganze Mechanik, Statik und Dynamik, durch
bloßes Studium der beobachtbaren relativen Bewegungen voll-
kommen sich entwickeln konnte, .indem das etwaige, gleich-
zeitige Vorhandensein unbekannter Bewegungskomponenten an
dem Verhalten der beobachtbaren Bewegungen nichts ändert. Um-
gekehrt aber können dann auch unbekannte Bewegungskompo-
nenten aus den beobachtbaren Bewegungen nicht abgeleitet
werden, und so scheint es, daß wir in der Tat kein Mittel haben,
über absolute Bewegung oder Ruhe im Raume zu entscheiden.
Dies ist auch jedenfaHs richtig, solange wir nur die Bewegung
der Materie ins Auge fassen. Bedenken wir aber, daß alle Materie
in dem Äther eingebettet ist und durch diesen sich hindurch be-
wegt, so ist doch die Frage berechtigt, ob wir nicht Bewegung
der Materie relativ zum ruhend gedachten Gesamtvolumen des
Äthers, also doch Absolutbewegungen der Materie im Raume
aufdecken könnten. Daß der Äther auf gleichförmige Bewegung
von Materie (Elektrizität) in ihm gar keinen weiteren Einfluß
ausübt, als daß nur die Bewegung erhalten bleibt (Trägheits-
gesetz), haben wir schon anfangs hervorgehoben. Es können
also zur Aufdeckung von Absolutbewegungen nur innere Be-
wegungen des Äthers selbst in Betracht kommen, das sind optische
oder, allgemeiner, elektrische Erscheinungen. Es sind mehrere
Versuche dieser Art ausgeführt worden. Der berühmteste, weil
einfachst gedachte und sorgfältigst durchgeführte ist der von
MiCHELSON. Der Versuch hat die Absicht, die Bewegungen der
Erdkugel durch den Äther durch optische Versuche nach'zu-
weisen. Wir sagten schon, daß die Erde durch den Äther hin-
durch sich bewegt, ohne ihn mitzuführen. Wir können zur Ver-
einfachung uns ebensogut vorstellen, daß die Erde ruhe und der
Äther durch unseren Versuchsraum bläst. Nehmen wir zum
Vergleich Luft statt Äther, und Schall statt Licht. Wenn der
Wind in der Richtung der Schallausbreitung bläst, so trägt er
die Schallwellen mit sich fort und sie laufen daher schneller, als
wenn die Luft ruhte oder wenn sie etwa quer zur Schallaus-
breitungsrichtung bläst. Bei MiCHELSONS Versuch handelte es
sich um die Aufdeckung solcher kleiner Zeitunterschiede bei
Lichtstrahlen, je nachdem dieselben gegebene Wege eiarnal in
Richtung der Erdbewegung und das andere Mal senkrecht dazu
zurücklegen. Zur Aufdeckung solcher Zeitunterschiede sind die
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handener, verschiedener Bewegungen eines und desselben Körpers
kam es, daß die ganze Mechanik, Statik und Dynamik, durch
bloßes Studium der beobachtbaren relativen Bewegungen voll-
kommen sich entwickeln konnte, .indem das etwaige, gleich-
zeitige Vorhandensein unbekannter Bewegungskomponenten an
dem Verhalten der beobachtbaren Bewegungen nichts ändert. Um-
gekehrt aber können dann auch unbekannte Bewegungskompo-
nenten aus den beobachtbaren Bewegungen nicht abgeleitet
werden, und so scheint es, daß wir in der Tat kein Mittel haben,
über absolute Bewegung oder Ruhe im Raume zu entscheiden.
Dies ist auch jedenfaHs richtig, solange wir nur die Bewegung
der Materie ins Auge fassen. Bedenken wir aber, daß alle Materie
in dem Äther eingebettet ist und durch diesen sich hindurch be-
wegt, so ist doch die Frage berechtigt, ob wir nicht Bewegung
der Materie relativ zum ruhend gedachten Gesamtvolumen des
Äthers, also doch Absolutbewegungen der Materie im Raume
aufdecken könnten. Daß der Äther auf gleichförmige Bewegung
von Materie (Elektrizität) in ihm gar keinen weiteren Einfluß
ausübt, als daß nur die Bewegung erhalten bleibt (Trägheits-
gesetz), haben wir schon anfangs hervorgehoben. Es können
also zur Aufdeckung von Absolutbewegungen nur innere Be-
wegungen des Äthers selbst in Betracht kommen, das sind optische
oder, allgemeiner, elektrische Erscheinungen. Es sind mehrere
Versuche dieser Art ausgeführt worden. Der berühmteste, weil
einfachst gedachte und sorgfältigst durchgeführte ist der von
MiCHELSON. Der Versuch hat die Absicht, die Bewegungen der
Erdkugel durch den Äther durch optische Versuche nach'zu-
weisen. Wir sagten schon, daß die Erde durch den Äther hin-
durch sich bewegt, ohne ihn mitzuführen. Wir können zur Ver-
einfachung uns ebensogut vorstellen, daß die Erde ruhe und der
Äther durch unseren Versuchsraum bläst. Nehmen wir zum
Vergleich Luft statt Äther, und Schall statt Licht. Wenn der
Wind in der Richtung der Schallausbreitung bläst, so trägt er
die Schallwellen mit sich fort und sie laufen daher schneller, als
wenn die Luft ruhte oder wenn sie etwa quer zur Schallaus-
breitungsrichtung bläst. Bei MiCHELSONS Versuch handelte es
sich um die Aufdeckung solcher kleiner Zeitunterschiede bei
Lichtstrahlen, je nachdem dieselben gegebene Wege eiarnal in
Richtung der Erdbewegung und das andere Mal senkrecht dazu
zurücklegen. Zur Aufdeckung solcher Zeitunterschiede sind die
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