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Lenard, Philipp; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 16. Abhandlung): Über Äther und Materie: Vortrag ... — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37042#0034
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34

P. Lenajd:

optischen Interferenzerscheinungen sehr geeignet. MicriELSONS
Versuch war also ein Interferenzversuch mit zwei Lichtstrahlen,
von denen der eine parallel, der andere senkrecht zur Richtung
der Erdbewegung lag. Das Resultat des Versuchs war voll-
kommen negativ. Es fand sich kein Einfluß der Erdbewegung
auf die Lichtzeiten. Da nun das Vorhandensein der Erdbewegung
unzweifelhaft ist, war dieser negative Ausfall ein sehr empfind-
licher Widerspruch. Er zeigte, daß noch ganz wesentliche un-
bekannte Dinge vor sich gehen müssen, wenn Materie mit einiger
Geschwindigkeit durch den Äther sich bewegt. Das Relativitäts-
prinzip zieht aus diesen und ähnlich verlaufenen Versuchen nur
die trockene Lehre, daß es eben auch, wenn wir uns auf den
Äther zu stützen versuchen, unmöglich sei, absolute Eewegung
aufzudecken, und daß wir unsere Raum- und Zeitbegriffe nach
dieser Unmöglichkeit einrichten müßten. Doch konnte man auch
ohne dies den verborgenen Dingen, welche hier liegen, weiter
nachgehen, und es ergab sich eine Vermutung, welche indessen
schon immer nur mehr Halt gewonnen hat, wie es zugegangen
sei, daß jener Versuch ohne Resultat blieb. Die Vermutung ist
diese, daß vielleicht die feste Grundplatte des Apparates durch
ihre bloße Bewegung im Äther eine Verzerrung erlitten hat von
solcher Größe, daß die gesuchte und auch wirklich vorhanden
gewesene Wirkung dadurch gerade genau aufgehoben und also
unmerklich gemacht wurde. Die Verzerrung müßte aber dann
jeden festen Körper unter gleichen Umständen treffen; sie müßte
darin bestehen, daß jeder durch den Äther bewegte Körper sich
in der Richtung der Fortbewegung ein wenig kontrahiert, so
daß aus einer Kugel bei ihrer Fortbewegung durch den Äther
ein flaches Ellipsoid wird mit der kurzen Achse in der Bewegungs-
richtung. Da das Volumen der festen Körper, wie wir sahen,
von Kraftfeldern erfüllt ist, müssen diese Deformationen in Ände-
rungen der Kraftfelder bestehen, welche bei deren Fortbewegung
eintreten. Solche Änderungen, und zwar im verlangten Sinne
wirkend, entsprechen aber den in den MAXWELL'sehen Glei-
chungen zusammengefaßten Tatsachen der Elektrodynamik, wie
besonders H. A. LoRENTZ gezeigt hat, so daß der Widerspruch
in der Tat beseitigt erscheint.
Wenn man demnach kaum mehr zweifeln darf, daß die
festen Körper durch ihre Bewegung relativ zum Äther, also durch
ihre absolute Bewegung, solche Deformationen erleiden, so
 
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