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Wolf, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 37. Abhandlung): Die Entfernung der Sterne: Vortrag — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37304#0022
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22

Max Wolf :

bar, aber die Dauerwirkung der photographischen Platte hat uns
die Struktur der größeren unter ihnen enthüllt.
Leuchtende Materie ist in Spiralform ange-ordnet. Von der
mehr oder weniger verdichteten Mitte gehen hauptsächlich zwei
einander gegenüberstehende Ströme leuchtender Wölkchen aus,
die sich einander ausweichend, in Spiralwindungen weiter und
weiter auseinandertretend, umeinander winden. An vielen Stellen
sind Knicke, und es verbinden Brücken die beiden Spiralarme
und verwirren das geometrische Bild.
DieSpiralen sind alle ohne Ausnahme sehr flach. Manche sehen
wir von der hohen Kante, manche schräg von der Seite und viele
senkrecht von oben. Manche sind mehr von körniger, manche
mehr von dunstiger Struktur. Alle bieten den Anblick einer Un-
zahl von unentwirrbaren Sternenwölkchen, die in mehr oder
weniger regelmäßiger Folge zu den Windungen der Spirale an-
einandergereiht sind. Alle zeigen längere Bisse in der Längs-
richtung der Windungen und kürzere quer zu der Erstreckung
der Spiralströme. Bei jenen Spiralen, die wir von der hohen
Kante aus als schmale Spindeln sehen, können wir uns gut vor-
stellen, daß, wenn wir von einem Punkt in ihrem Innern aus in
der Ebene der Ströme hinaussehen könnten, wir einen ganz ähn-
lichen Anblick haben müßten, wie ihn uns in unserem System
die Milchstraße darbietet.
Der unbefangenen Kritik macht ein solches Gebilde den Ein-
druck, als oh die Sternscharen von außen kommend sich lang-
sam dem Wirbel nähern, so als oh die Gravitation die Sonnen
der Umgebung allmählich heranzöge und zu immer größerer Ver-
einigung zwänge. Die ältesten Sonnen im Innern der Spirale
haben vielleicht die größten Geschwindigkeiten, während die
jungen, ganz außen, noch zögern.
Das Spektroskop auf diese Gebilde zur Anwendung gebracht,
läßt ein Spektrum erkennen, das für die Ansammlung einer großen
Menge von Fixsternen zu einem Haufen spricht, so daß man sich
also diese Ströme aus zahllosen Sternen zusammengesetzt zu
denken hätte..
Da bisher jede Parallaxenbestimmung solchen Gebilden gegen-
über versagt hat, so sind sie zweifellos in großer Entfernung
zu suchen.
Der Schluß ist berechtigt, und er ist aus spekulativen Gründen
auch schon vor mehr als 100 Jahren gezogen worden, daß diese
 
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