Metadaten

Wolf, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 37. Abhandlung): Die Entfernung der Sterne: Vortrag — Heidelberg, 1911

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37304#0023
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Entfernung der Sterne.

33

Spiralen ferne Sternansammlungen sind, von ähnlicher, gewaltiger
Größe wie unser Milchstraßensystem; aber so weit fort, daß sie
so verschwindend klein erscheinen.
Ist das richtig? Sind das ferne Milchstraßen, oder sind es
nur relativ kleine Gebilde, welche ganz lokale Vorgänge in unserer
eigenen Sterneninsel darstellen.
Das letztere schien sehr wahrscheinlich. Man hat festge-
stellt, daß sie am Himmel nicht ganz regellos verteilt sind. Es
zeigte sich vielmehr, daß sie sich nach der Hauptebene unseres
Sternsystemes, der Milchstraße, ordnen. Sie fliehen nämlich die
Ebene der Milchstraße und sind am häufigsten zu finden, je weiter
man sich beiderseits von der Milchstraße entfernt. Sie scheinen
danach also zu derselben Anordnung zu gehören, und wären
keineswegs außerhalb zu suchen. Ich meine aber, daß man eben-
sogut den Spieß umdrehen kann und sagen muß, daß die Haupt-
stromebene unseres Milchstraßensystemes durch die Anordnung
der Gesamtheit der Spiralnebel verursacht sein kann. Ähnliche
bevorzugte Stromebenen finden wir tatsächlich in den großen
Anhäufungen von Spiralnebeln in der Coma und im Perseus an-
gedeutet.
Eine Stütze für die Auffassung der Spiralnebel als ferne
Sterneninseln, abgesehen von der Beschaffenheit des ganzen
Spektrums, hat neuerdings ebenfalls eine Wahrnehmung geliefert,
die man mit dem Spektroskop gemacht hat. Es hatte sich ge-
zeigt, daß alle Sterne, die weit weg von uns stehen, eine kleine
Lichtejnbuße zu erleiden scheinen, beim Durchgang ihres Lichtes
über den weiten Weg von Hunderten von Lichtjahren. Es findet
auf diesem langen Weg durch irgendwelche im Raum befindliche
Materie äußerster Verdünnung ein Abfangen der Strahlen statt.
Diese Absorption ist sehr gering; aber es bestätigt sich mehr
und mehr, daß, je weiter ein Fixstern entfernt ist, desto mehr
gewisse brechbarere Teile seines Spektrums abgefangen werden.
Die gleiche Eigentümlichkeit scheinen nun die Spiralnebel
in verstärktem Maße zu zeigen; danach hätte man sie m der
Tat weit außerhalb der Fixsternwelt zu suchen.

Wenn die Anschauung nun berechtigt ist, daß die Spiral-
nebel ferne Fixsternsysteme sind, dann sind wir voraussichtlich
auch in der Lage, unsern Maßstab bis zu ihnen hinüber zu legen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften