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Wolf, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 37. Abhandlung): Die Entfernung der Sterne: Vortrag — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37304#0024
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24-

Max Wo!f:

In unserer Milchstraße linden sich auffallende Höhlungen,
Stellen, die dunkel sind, die von Sternen fast, leer sind. Es gibt
kleinere Querhöhlen und größere Längshöhlen. Es ist keine zu-
fällige Verteilung; das folgt aus der statistischen Untersuchung
sowohl, als aus der gesetzmäßigen Verbindung einer großen Zahl
dieser Kanäle mit den leuchtenden Gasmassen, die deutlich ihren
Weg in ihnen genommen haben. Diese Gasmassen — drre Be-
schaffenheit beweist uns das Spektroskop — stehen in physischem
Zusammenhang mit zahlreichen bei ihnen sichtbaren Sternen.
Auch das zeigt das Spektroskop an. Alle Gasnebel der Milch-
straße finden sich bei solchen Höhlungen, wo die Sterne fehlen.
Es gibt auch zahlreiche Höhlen, wo die Gasmassen nicht mehr
zu sehen sind. Jedenfalls, der Prozeß der Entstehung dieser Risse
mag sein, wie er will, er liegt in den Strömen unserer Milch-
straße und ist ihr eigentümlich, und er ist mit den Gasnebeln
derselben verknüpft. Der ganze Ring der Milchstraße zeigt sich
überall durchfurcht von solchen Rissen.
Auch der große Gasnebel im Orion, den Sie alle kennen, und
dessen wunderbare, rauchartige Struktur unser Auge entzückt,
findet sich in einer solchen Höhlung der Milchstraße; in einer
Längshöhle, die beträchtliche Ausdehnung besitzt.
Es ist nun durch Photographie und Spektralanalyse ausge-
macht, daß dieser Nebel mit den Heliumsternen des Orion
räumlich und physisch verknüpft ist.
Nun erinnern wir uns an die Forschungsresultate ÜAMPBELLS,
durch die wir gelernt haben, daß die durchschnittliche Entfernung
dieser Sterne etwa 500 Lichtjahre beträgt.
Die Höhle des Orionnebels muß auch in dieser Entfernung
schweben! Da sie uns 72 Minuten breit erscheint, so hat sie
eine räumliche Breite von etwa zehn Lichtjahren. Der Hohl-
raum ist etwa so dick als die Entfernung von der Erde bis zum
Stern 61 Cygni! —
In allen größeren Spiralnebeln sind wir nun imstande, die
gleichen Höhlungen zu sehen, wie in unserer Milchstraße. Nur
scheinbar viel kleiner, wegen der größeren Entfernung. So z. B.
im großen Spiralnebel im Bilde der Andromeda. Wir sehen hei
ihm auf eine gewaltige Spirale schräg von der Seite. Man er-
kennt deutlich die Ouer- und Längshöhlen und man kann bei
einiger Vergrößerung etwa abschätzen, unter welchem Winkel
uns die Längs- und die Querhöhlen im Durchschnitt erscheinen.
 
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