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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0010
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LeoKoenigsberger:

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PAULUS, „ihren Friesrock nicht seihst ganz brauchen und für die
Philosophie nicht noch ein besonderer Rock nötig sein?"
Aber schon in den ersten Tagen des Jahres 1816 stiegen
Wolken an dem bisher ungetrübten Horizonte des hervor-
ragenden und friedfertigen Gelehrten auf. Sein Freund MARTIN
war infolge* einer freiheitlich gesinnten Petition, die auch FniES
unterschrieben, genötigt, einen Ruf nach Jena anzunehmen,
und bemühte sich, Puu-.s dorthin nachzuziehen. Inzwischen
'waren die Eestrebungen seines Göttinger Freundes HEISE, ihm
eine freie Stellung an der Rcrliner Akademie der Wissenschaften
zu erwirken, gescheitert; RoECKH und DE WETTE hatten es zwar
durchgesetzt, daß der akademische Senat in Rerlin im März
1816 FRIES für die Professur der praktischen Philosophie neben
HEGEL als Professor der spekulativen Philosophie vorgeschlagen
als aber die Kreierung dieser beiden Professuren wieder
zweifelhaft geworden, entschloß sich FRIES, wenn auch
schweren Herzens, dem Andrängen KARL AUGUSTS m Weimar
Folge zu leisten und die Professur in Jena, „der Hauptstadt
der Philosophie", anzunchmen; HEGEL wurde für Philosophie,
MuNCKE für Physik nach Heidelberg berufen.
FRIES erwarb sich in Jena rasch die Zuneigung der soeben
zur Rurschenschaft vereinigten Studierenden, und als im Jahre
1817 KARL AUGUST die Erlaubnis zur Abhaltung des Wartburg-
festes gegeben, ging auch er nach Eisenach und zögerte nicht,
von den Studierenden dazu aufgefordert, dort einige ganz un-
verfängliche Worte zu sprechen. Aber die Reaktion hatte bereits
von Österreich aus ihre Tätigkeit zu entfalten begonnen, und
die preußische Regierung richtete an den Großherzog KARL
AUGUST gehässige Denunziationen „gegen den Haufen ver-
wilderter Professoren und verführter Studenten". Zunächst frei-
lich hielt noch der edel und liberal gesinnte Großherzog seine
schützende Hand über FRIES, aber auch er muhte dem
herrschenden Systeme weichen und eine Kriminaluntersuchung
gegen FRIES anordnen, in welcher dieser jedoch dank der Ver-
ehrung. die ihm von allen Seiten entgegengebracht wurde, von
der Anklage der Majestätsbeleidigung freigesprochen wurde. Als
man ihm aber ein Jahr später nach der unseligen Tat von
KARL SAND in gehässiger Weise vorwarf, daß die Freunde dieses
Fanatikers seine Schütcr gewesen, als Neid und Mißgunst die
Angriffe auch auf seine wissenschaftliche Eedeutung immer
 
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