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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0011
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Zur Ertnnerutig an Jacob Friedricb Fries.

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heftiger werden ließen, da konnte auch die weimarische Re-
gierung die Pensionierung von FRIES nicht länger fernhalten.
In der ihm nunmehr auferlegten unfreiwilligen Muße konnte
er sich nach Beendigung seiner Psychologie ganz der Fertigstellung
der im Jahre 1822 bei WiNTER in Heidelberg erschienenen
Mathematischen Naturphilosophie widmen.
SCHLEIDEN erzählt uns, daß G.AUSS, der größte Meister
exakter Wissenschaft im vorigen Jahrhundert und einer der
tiefsten Denker auf dem Gebiete erkenntnistheoretischer Fragen,
einem Studenten, welcher dieses Buch in dessen Händen ge-
sehen und seine Verwunderung darüber äußerte, daß Gvuss
auch der Naturphilosophie seine Aufmerksamkeit schenke, ge-
antwortet habe: ,Junger Mann, wenn Sie es nach dreijährigem
angestrengten Studium dahin gebracht haben., daß Sie dieses
Buch verstehen und würdigen können, so dürfen Sie die Uni-
versität mit der Überzeugung verlassen, daß Sie Ihre Zeit
besser angewandt haben als die meisten Ihrer Kommilitonen."
Alöge es mir nun gestattet sein, verehrte Anwesende, in
Anknüpfung an die Prinzipien, Schlußfolgerungen und Re-
sultate der Untersuchungen dieses mathematisch durchge-
bildeten Anhängers von KANT und ausgezeichneten selb-
ständigen Forschers auf dem schwierigen Gebiete einer exakten
Metaphysik, das Jetzt der mathematisch-naturphilosophischen
Erkenntnistheorie mit dem Einst von vor hundert Jahren —
wenn auch nur in flüchtigen Zügen — zusammenzustellen und
zu vergleichen.
Die metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft
von KANT ließen FRIES darauf bedacht sein, von einer
philosophisch scharfen Definition der mathematischen Physik
ausgehend, soweit die vor hundert Jahren in rapider Entwick-
lung begriffene Wissenschaft es gestattete, den systematischen
Aufbau zunächst dieser Disziplin zu ermöglichen. Es wurde ihm
freilich leicht, die metaphysischen Spekulationen von ScHEL-
LiNG, weicher die Masse als ein Produkt des Konfliktes von
Kräften definiert, ironisch zurückzuweisen, und die unwissen-
schaftlichen Hypothesen und Beweisführungen anderer Philo-
sophen, welche ,,GOETHES Nichtverstehen von NEWTONS Optik
als eine große physikalische Entdeckung" priesen, durch un-
verkennbaren Spott zu entkräften — aber er erkannte doch
auch sehr bald die unübersteiglichen Schwierigkeiten, welche
 
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