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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0018
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LeoKoenigsherger:

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äiideruugen um einen bestimmten Grad oder um eine bestimmte
Zahl in der Zeit müssen durch alle kleineren Grade oder Zahlen
hindurchgehen, und die eigentlichste Aufgabe der Differential-
rechnung daher in der Ordnung unserer Begriffe zum Erfassen
des Stetigen bestehen. Auch wir richten heute unsere Aufmerk-
samkeit nicht mehr auf das Continuum, sondern im Sinne des
Potentiellen auf' die Continuität; wir stellen nur den mathe-
matischen Begriff des Continuums durch empirisch erworbene
Kenntnis fest, ohne daß die synthetisch weiter arbeitende Vernunft
in Definitionen und Beweisen darauf recurrierf.
Bei dem weiteren Aufbau der Differential- und Integral-
rechnung darf daher FniES, der das aktuell-Unendlichkleine nicht
anerkennt, das Differential auch nicht als eine Fiktion betrachten,
sondern nur als einen allgemeinen mathematischen Begriff, eine
Abstraktion; indem er Ursachen und Veränderungen sich eine
Zeitlang stetig wirkend denkt, erzeugt er eine endliche Ver-
änderung.
Da er sich hei der Begründung der Infinitesimalrechnung
ganz von den Anschauungen LAGRANGES leiten läßt, gibt es
für ihn in dieser keine theoretischen, sondern nur praktische
Schwierigkeiten in der syntaktischen Entwicklung komplizierter
Formen. Aber weich eine Fülle von theoretischen Bedenken, un-
erwarteten Erscheinungen und interessanten Ergebnissen sind
uns seit, jener Zeit für die grundlegenden Begriffe der höheren
Analysis entgegengetreten! Freilich entgehen auch FniES die
Bedenken gegen die Exhaustionsmethode nicht, nach welcher
wir ebene Figuren und Körper durch stetig sich verändernde
Grade und Ebenen ersetzen; da ihm die mathematische De-
monstration nur eine Konstruktion für die reine Anschauung
ist, erkennt er die Methode nur als vollgültig und konsequent an,
wenn die richtigen Begriffe vom Unendlichkleinen zugrunde
gelegt werden. Im Sinne der jetzigen Mathematik sind aber
schon die stetige Wiederholung einer Setzung und die aktuelle
Zusammenfassung aller Setzungen nicht dasselbe, und weiter,
welches ist denn der richtige Begriff vom Unendiichkleinen?
NEWTON setzt die endliche Größe nicht aus unendlich kleinen
Teilen zusammen, sondern erzeugt sie ebenso wie die Zeit durch
stetige Bewegung, GALILEI nimmt an, daß bei einer gleich-
förmigen Bewegung in gewissen Zeiten gleiche Strecken, in
kleineren gleichen Zeitteilchen aber ungleiche Strecken zurück-
 
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