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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0003
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Hochansehnliche Versammlung!
In einer akademischen Festrede des Berliner Germanisten
JAKOB GRIMM, welche die Popularität einer Akademie zum
Gegenstände hatte, finden wir die selbstbewußten, aber einem
so großen Forscher wohl anstehenden Worte: ,,Mit Recht sind
die Festtage der Akademie öffentlich, denn außer diesen soll
und kann eine Akademie nicht populär werden in dem Sinne,
daß sie die feinsten Spitzen ihrer Untersuchungen abzubrechen
hätte einem gemischten und mittleren Verständnis zu Gefallen.
Die Wissenschaft hat kein Geheimnis und doch ihre Heimlich-
keit; sie mag nicht oft auf der großen Heerstraße weilen,
sondern sich lieber ohne jedes Geleit in alle Wege, Pfade und
Steige ausdehnen, die ihr neue Aussichten öffnen."
Trotzdem möchte ich Ihnen gern von diesen Heimlichkeiten
heute ein Weniges verraten, obwohl die Natur meiner Wissen-
schaft und die nur einem kleinen Kreise der gebildeten Welt
verständliche Sprache derselben meinem Vorhaben große
Schwierigkeiten bereiten. Nun haben wir freilich, wenigstens
für einzelne Teile unseres Wissensgebietes, ein Esperanto in
der Philosophie; aber auch deren Sprache ist nicht allen ge-
läufig, wenn auch die Probleme ihrer Forschung in alle Zweige
menschlichen Wissens, Glaubens und Fuhlens hinübergreifen —
und so schien es mir deshalb ratsam, meinen Betrachtungen einen
historischen Hintergrund zu geben und, gestützt auf die Arbeiten
eines ausgezeichneten deutschen Philosophen, den Fortschritt in
der Behandlung erkenntnistheoretischer Probleme meiner Wissen-
schaft im letzten Jahrhundert in einigen Zügen zu skizzieren.
Ich tue dies um so lieber, als ich damit an dieser Stelle eine
Pflicht der Pietät und zugleich der Gerechtigkeit gegen einen
Mann erfülle, der vor genau 100 Jahren als eine Zierde der
Heidelberger Hochschule ihr Prorektor gewesen, dessen eigen-
tümliche Schicksale es aber mit sich gebracht, daß er nur zu
bald fast in Vergessenheit geraten mul erst in den letzten zwei

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