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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0021
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Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries.

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einer widerspruchslosen nichteuclidischen Geometrie für mög-
lich zu halten, wie er heute vor uns liegt.
Während unsere bisherige Geometrie voraussetzt, daß zwei
in einer Ebene liegende Gerade, welche auf einer dritten senk-
recht stehen, immer in derselben Entfernung voneinander
bleiben, macht die nichteuchdische Geometrie die Annahme, daß
diese beiden Linien sich von der gemeinsamen Senkrechten aus
voneinander entfernen; und auf dieser Basis baute sich das in
sich widerspruchslose geometrische System von LoBATSCHEWSHY
und BoLYAi auf. Die tiefliegende Frage, oh der Raum unendlich
oder nur unbegrenzt ist, und die Annahme, daß die Gerade eine
unendliche, geschlossene Linie ist, führte RiEMANN zu einem
ebenso strengen und einheitlichen Systeme der Geometrie —
„jeder wohl definierte Begriff", sagt FniES, „ist die mögliche Vor-
stellung einer Wirklichkeit". Man konnte dann zwar zeigen, daß,
wenn für ein Dreieck die Winkelsummei'festgestellt ist, sich für alle
Dreiecke bestimmen läßt, ob sie gleich, größer oder kleiner als
zwei rechte ist, da die in der EucLiD'schen Geometrie ver-
schwindende, in der LoBÄTSCHEwsKY'sehen negative, in der
RiEMANN'sehen positive Differenz der Winkelsumme eines Drei-
ecks und zwei rechten zu dem Inhalte desselben in einem kon-
stanten. Verhältnis steht. Aber durch die tatsächliche Messung
der Winkelsumme eines Dreiecks ließ sich, da diese Messung
wieder von unseren geometrischen Voraussetzungen abhängt,
eine Verifikation eines jener geometrischen Systeme nicht erzielen.
Führen wir noch den mathematischen Begriff der Krüm-
mung ein, so wird das, was die Ebene für die krummen Ober-
flächen ist, unser Raum mit dem Krümmungsmaß Null für die
dreidimensionalen Räume höherer Krümmung sein, und IdELM-
HOLTz wie RiEMANN sehen das Charakteristische unseres drei-
dimensionalen Raumes in der Möglichkeit der Verschiebung
starrer Verbindungen.
Durch Abänderung anderer EucLiD'scher Postulate werden
wir noch zu anderen geometrischen Systemen geführt, wie z. B.
zu der nichtarchimedischcn Geometrie, und wir sprechen end-
lich noch von mehrdimensionalen Räumen, welche das geome-
trische Gewand algebraischer Wahrheiten für eine beliebige
Zahl von Variahein bilden. Alle diese Erweiterungen unserer
Erkenntnis weisen, im FRiEs'schen Sinne zu reden, auf das
Denken als die einzige Quelle der geometrischen Gebilde hin.
 
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