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Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0023
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Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries.

einen Kraft und Bewegung des Raumes durch die andere die
Zusammensetzung der beiden Kräfte. Aber er faßt auch deut-
lich erkennen, daß das Prinzip des KANT'sehen Beweises sich
aus dem statischen Prinzip des Gleichgewichts von Kräften
und ihrer Resultante, und dem dynamischen Prinzip zusammen-
setzt, daß statisch äquivalente Systeme auch hinsichllich ihrer
Bewegung äquivalent sind, und entwickelt, hierauf sowie auf
das dynamische Schwerpunktsprinzip sich stützend, die Hebel-
gesetze und deren Anwendungen, die er alle auch philosophisch
faßlich zu machen und zu begründen sucht.
In der Dynamik, in welcher er noch die bewegte Masse
und die wirkende Kraft in den Kreis mathematischer, mecha-
nischer und naturphilosophischer Untersuchung ziehen will,
analysiert er die Grundbegriffe von der Natur der Materie und
hofft, weit über KANT hinausgehend, einen Weg bezeichnen zu
können, welcher zur Ermittelung der allgemeinen Gesetze für
die Erhaltung der Körperwelt führen soll — aber hier betritt er
ohne Aussicht auf Erfolg die damals noch so unsichere Basis
der mathematischen und experimentellen Physik.
Mit Recht verwirft er freilich die Ansicht von KANT von
der nur vermöge zurückstoßender Kräfte raumerf übenden
Materie und von der notwendigen Form der NEWTON'schen An-
ziehungsgesetze ; aber er irrt ebenso, wenn er das Wesen oder
die Substanz der Materie, deren Quantität er als Masse be-
zeichnet, als unmittelbar im Raume vorhanden annimmt und
für alle Naturerscheinungen Anziehungskräfte, wenn auch von
allgemeinerer Natur als die NEWTON'schen, zugrunde legt —
freilich sieht selbst noch HELMnoLTZ in seiner berühmten
Arbeit über die Erhaltung der Kraft im Jahre 1847 die Be-
dingung für die vollständige Begreiflichkeit der Natur in der
Lösbarkeit der Aufgabe, die Naturerscheinungen auf unver-
änderliche, anziehende und abstoßende Kräfte zurückzuführen,
deren Intensität von der Entfernung abhängt.
Interessant durch den philosophisch diametralen Gegensatz
ist der Vergleich der Anschauungen von KANT und FRIES
mit den Ansichten einzelner Physiker unserer Zeit bezüglich
der Maße und deren Unveränderlichkeit. Unter der Annahme
eines Postulates der Invarians definieren diese die Masse als
eine in bezug auf die Summe zweier Körper additive und distri-
butive Zahl, welche denselben Wert hat für alle Körper, welche
 
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