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Mohr, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1915, 7. Abhandlung): Die Baeyersche Spannungstheorie und die Struktur des Diamants — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34706#0003
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Die BAEYERSche SpannungstheorieV nimmt an, daß im Mole-
kül einer kohlenstoffhaltigen Verbindung eine Spannung besteht,
wenn die Valenzen des Kohlenstoffatoms nicht in der normalen,
tetraedrischen Richtung wirken können, sondern infolge Ring-
bildung gezwungen sind, in einer anderen Richtung zu wirken.
Die Spannung wächst mit der Ablenkung. Bei der Bildung des
zweigliedrigen Rings (Athylenbindung) muß jede an der Doppel-
bindung beteiligte Valenz um 54° 4V aus ihrer normalen Rich-
tung abgelenkt werden, im Trimethylenring um 24° 44', im
Tetramethylenring um 9° 44', im Pentamethylenring aber nur
um 44'. Am Schluß seiner Ausführungen bemerkt BAEYER, daß
die schwarze Kohle offenbar einer möglichst stabilen Anordnung
der Kohlenstoffatome entspricht; d. h. es werden in ihr möglichst
viele einfache Bindungen und möglichst wenige Ablenkungen der
Affinitätsachsen Vorkommen. An diesem Satz braucht nur sehr
wenig geändert zu werden; statt ,,schwarzer Kohle" muß man
jetzt ,,Diamant" setzen.
Bei den folgenden Betrachtungen soll, sofern nichts anderes
ausdrücklich gesagt wird, angenommen werden, daß die im Molekül
enthaltenen Kohlenstoffatome nur den von der Spannungstheorie
geforderten Kräften unterliegen. In den Ringen, die aus fünf
oder weniger Kohlenstoffatomen bestehen, ist die Spannung natür-
lich dann am geringsten, wenn die Schwerpunkte der Ringkohlen-
stoffatome in einer Ebene liegen. Auch bei den Kohlenstoffringen
mit mehr als fünf Ringatomen wurde bisher bei der Berechnung
der Spannung fast immer die ebene Anordnung aller Ringatome
vorausgesetzt und hieraus die Vermutung hergeleitet, daß die
Spannung im Ring des Cyclohexans (Ablenkung 5° 16' im Sinne
einer Auseinanderspreizung der Valenzen) etwas größer sei, als die
im Gyclopentan, und daß mit wachsender Zahl der Ringglieder die

p Ber. d. chem. Ges. 18, 2277 [1885].
 
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