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Mohr, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1915, 7. Abhandlung): Die Baeyersche Spannungstheorie und die Struktur des Diamants — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34706#0014
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14 (A. 7)

Ernst Mohr:

dem BR AGG sehen überein. Eine etwas bessere räumliche Vorstel-
lung gibt vielleicht Abb. 13, die ein tetraederförmiges Stück
dieses Raumgitters darstellt. Stellt man diese Abbildung so, daß
die Gerade MN horizontal liegt, so stehen die Kohlenstoffatome
zum Beschauer wie in Abb. 11. Das krystallograpbische Achsen-
kreuz erhält man, wenn man das Kohlenstoffatommodell 1 mit 2
verbindet, ferner 3 mit 4 und 5 mit 6 (vgl. auch Abb. 11). Die
Gerade OP verläuft parallel der durch 1 und 2 gelegten Achse.
Keine der drei Achsen erscheint hier in natürlicher Größe. Der
Diamantkrystall ist natürlich nur aus den hier durch Kugeln dar-
gestellten Kohlenstoffatomen bestehend zu denken. Die zwischen
den Kugeln eingezeichneten Verbindungsstäbe sollen keinen ma-
teriellen Bestandteil des Krystalls darstellen, sondern nur die An-
ordnung der Kugeln im Raume verdeutlichen helfen.
Die Auffassung des Diamantkrystalls als eines großen, nur aus
Kohlenstoffatomen bestehenden Moleküls enthält manche unge-
wohnte Vorstellung. Einige der Affinitäten der an der Oberfläche
des Moleküls hegenden Atome sind nicht abgesättigt, vielleicht ähn-
lich wie die eine vielbesprochene im Triphenylmethyl, (CgHMg j CA).
Indessen ist selbst in recht kleinen Diamantkrystallen die Zahl
dieser unabgesättigten Affinitäten, verglichen mit der Zahl der
in diesem großen Molekül enthaltenen Kohlenstoffatome viel
kleiner, als im Triphenylmethyl. Die Spaltung oder Zertrümmerung
eines Diamantkrystalls ist nach dieser Anschauung in gewisser
Hinsicht ein Analogon der Depolymerisation oder der gewalt-
samen Zersetzung einer kompliziert gebauten Verbindung durch
Erhitzen. Wie man das Methan als das Anfangsglied der alipha-
tischen Reihe, das Benzol als das der aromatischen Verbindungen
auf faßt, so kann man bei rein formaler Betrachtung den Diamant
als das gemeinsame Endglied der Reihe der Paraffine und der
Gyclohexanderivate betrachten; denn man kann sich das Diamant-
molekül aus verzweigten oder unverzweigten Paraffinketten oder
aus Cyclohexanringen in* mannigfaltigster Kombination aufgebäut
denken, sofern man von den unabgesättigten Affinitäten an der
Krystalloberfläche absieht. Direkte Beziehungen des Diamants
zu den aromatischen Verbindungen kann man nicht nach-
weisen, da der Bau des Benzolkerns noch nicht genau genug
erforscht ist.

b Vergl. HABER, Z. EI. Ch. 20, 521 [1914].
 
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