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Mohr, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1915, 7. Abhandlung): Die Baeyersche Spannungstheorie und die Struktur des Diamants — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34706#0017
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Die Baeyersche Spannungstheorie und die Struktur des Diamants. (A. 7) 17

darf, größere Dimensionen des Kohlenstofftetraeders voraussetzen,
als im Diamant.
Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung über die Spannung in
Ringen, die aus mehr als sechs Kohlenstoffatomen bestehen. Wie
bereits erwähnt, muß man aus der Voraussetzung der Anordnung
aller Ringatome in einer Ebene den Schluß ziehen, daß mit zu-
nehmender Anzahl der Ringatome die Spannung im Ring immer
mehr zunimmt; dieser Schluß ist auch tatsächlich gezogen worden*).
Diese Voraussetzung ebenen Baus trifft aber, wenigstens für die
Gesamtheit aller Moleküle, wahrscheinlich nicht zu. Läßt man die
Einschränkung auf ebene Anordnung fallen, so ist es sehr leicht,
für Ringe mit gerader Anzahl der Ringatome spannungsfreie Formen
anzugeben. So bilden z. B. in Abb. 7 die Kohlenstoffatome 2, 3, 4,
5, 6, 7, 8 und 9 einen spannungsfreien Cyclooctanring; allerdings
sind Zweifel darüber möglich, ob zwischen den Atomen 2 und 6
einerseits und 4 und 8 andererseits Platz genug für je zwei Wasser-
stoffatome vorhanden ist. Übrigens verschwindet bei ähnlich ge-
bauten, aber gliederreicheren Ringen dieser Zweifel natürlich voll-
kommen. Ferner kann man die Ringatome ähnlich wie bei der
trisymmetrischen Form des Cyclohexans in zwei parallelen Hori-
zontalebenen anordnen derart, daß die Schwerpunkte des L, 3.,
5., 7., . . . Atoms in der einen Ebene liegen, die des 2., 4., 6., 8., . . .
in der anderen. Während aber beim Cyclohexanmodell die nach
oben bezw. unten gerichteten Valenzen genau senkrecht auf den
beiden Ebenen stehen, sind sie bei den Ringen mit größerer Ring-
gliederzahl nach der Ringmitte geneigt, beim spannungsfreien
Cyclooctan z. B. um 18° 52,5h Ist die Zahl der Ringatome ungerade,
so sind vollkommen spannungsfreie Formen vielleicht nicht mög-
lich, wahrscheinlich aber Anordnungen, die weniger gespannt sind,
als die ebene.
Bei diesen Betrachtungen darf man nicht übersehen, daß auf
die Form der Moleküle außer den von der Spannungstheorie vor-
ausgesetzten Kräften wohl noch andere Einfluß haben. Schnelle
Rotation muß Zentrifugalkräfte erzeugen, unter Umständen also
Annäherung an die Form des ebenen, regulären Polygons. Zu-
sammenstöße mit den benachbarten Molekülen können Abweichun-
*) Vgl. z. B.: V. MEYER und P. JACOBSON, Lehrbuch der organischen
Chemiell, 1,5 [1902]; A. WERNER, Lehrbuch der Stereochemie S. 353 sq.
[1904]; RicHTER-ANSCHÜTZ, Chemie der Kohlenstoffverbindungen II, 3
[1913]; BERNTHSEN, Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie, S. 359 [1914].
 
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