K (A.l)
W. SALOMOS:
haben. Wir weilen solche weitgreifenden, aber doch immerhin
nicht universalen Katastrophen, nm Verwechslungen zu vermei-
den, als Paroxysmen von den alten D'ÜRBiGNYschen Kataklys-
men oder Katastrophen unterscheiden.
Es liegt in der Natur der Dinge, daß derartige gewaltsame Vor-
gänge nicht bloß den Organismen gegenüber katastrophal gewirkt
haben, sondern auch oft genug tiefe Furchen in das Antlitz der
Erde zogen und dann besondere Landschaftsformen schufen.
Die Vereisung des Diluviums war nicht nur für die tertiäre
Fauna und Flora Europas und Nordamerikas ein katastrophal
wirkender Paroxysmus; auch die Oberfläche der beiden Gebiete
hat ein ganz neues Gepräge durch sie gewonnen. Das zeigt sich
ebenso in der norddeutschen Ebene wie im Alpengebiet. Aber
auch die Täler im nichtvereisten Deutschland haben meiner Ansicht
nach im Diluvium infolge periodenhaft sehr viel stärkerer Wasser-
mengen eine viel weitgehendere und raschere Vertiefung und Ver-
breiterung erfahren als in gleichen Zeiträumen des Alluviums. Die
lockeren Schutt- und Gesteinsmassen der Talhänge haben im Dilu-
vium durch Solifluktion eine viel raschere und intensivere Ver-
frachtung nach unten erfahren, als in gleichen Zeiträumen der
Nacheiszeit. Die Bildung der Stufenlandschaft schritt damals
rasch voran; heute scheint sie mir, wenn nicht ganz zu ruhen, so
doch zum mindesten nur sehr langsam weiter zu gehen.
Insofern haben also die geologischen Umgestaltungen im Dilu-
vium im Verhältnis zu denen des folgenden und wohl auch des vor-
hergehenden Zeitabschnittes zwar nicht den Charakter D'OR-
BiGNYscher Katastrophen, aber doch den von Paroxysmen gehabt.
Ein solches paroxysmatisches Anschwellen geologischer
Ereignisse scheint mir nun aber im großen wie im klei-
nen die Regel zu sein. Die Sturmfluten der Ost- und Nordsee
zerstören gewöhnlich in einem Tage mehr Küstenland als die nor-
male Brandung im ganzen vorhergegangenen Jahre. Die Erosion
der Flüsse und der durch sie bewirkte Transport von festem Mate-
rial erreichen in Deutschland in langen Zeiträumen nur unbedeu-
tende Beträge, um nach einem Wolkenbruche oder einer plötzlich
einsetzenden Schneeschmelze in wenigen Stunden ihre ganze vor-
ausgehende Monats- oder Jahresleistung weit zu übertreffen. Eine
einzige große Eruption eines Vulkanes pflegt mehr zu zerstören
und zu akkumulieren als eine jahrelang fortgesetzte schwache
W. SALOMOS:
haben. Wir weilen solche weitgreifenden, aber doch immerhin
nicht universalen Katastrophen, nm Verwechslungen zu vermei-
den, als Paroxysmen von den alten D'ÜRBiGNYschen Kataklys-
men oder Katastrophen unterscheiden.
Es liegt in der Natur der Dinge, daß derartige gewaltsame Vor-
gänge nicht bloß den Organismen gegenüber katastrophal gewirkt
haben, sondern auch oft genug tiefe Furchen in das Antlitz der
Erde zogen und dann besondere Landschaftsformen schufen.
Die Vereisung des Diluviums war nicht nur für die tertiäre
Fauna und Flora Europas und Nordamerikas ein katastrophal
wirkender Paroxysmus; auch die Oberfläche der beiden Gebiete
hat ein ganz neues Gepräge durch sie gewonnen. Das zeigt sich
ebenso in der norddeutschen Ebene wie im Alpengebiet. Aber
auch die Täler im nichtvereisten Deutschland haben meiner Ansicht
nach im Diluvium infolge periodenhaft sehr viel stärkerer Wasser-
mengen eine viel weitgehendere und raschere Vertiefung und Ver-
breiterung erfahren als in gleichen Zeiträumen des Alluviums. Die
lockeren Schutt- und Gesteinsmassen der Talhänge haben im Dilu-
vium durch Solifluktion eine viel raschere und intensivere Ver-
frachtung nach unten erfahren, als in gleichen Zeiträumen der
Nacheiszeit. Die Bildung der Stufenlandschaft schritt damals
rasch voran; heute scheint sie mir, wenn nicht ganz zu ruhen, so
doch zum mindesten nur sehr langsam weiter zu gehen.
Insofern haben also die geologischen Umgestaltungen im Dilu-
vium im Verhältnis zu denen des folgenden und wohl auch des vor-
hergehenden Zeitabschnittes zwar nicht den Charakter D'OR-
BiGNYscher Katastrophen, aber doch den von Paroxysmen gehabt.
Ein solches paroxysmatisches Anschwellen geologischer
Ereignisse scheint mir nun aber im großen wie im klei-
nen die Regel zu sein. Die Sturmfluten der Ost- und Nordsee
zerstören gewöhnlich in einem Tage mehr Küstenland als die nor-
male Brandung im ganzen vorhergegangenen Jahre. Die Erosion
der Flüsse und der durch sie bewirkte Transport von festem Mate-
rial erreichen in Deutschland in langen Zeiträumen nur unbedeu-
tende Beträge, um nach einem Wolkenbruche oder einer plötzlich
einsetzenden Schneeschmelze in wenigen Stunden ihre ganze vor-
ausgehende Monats- oder Jahresleistung weit zu übertreffen. Eine
einzige große Eruption eines Vulkanes pflegt mehr zu zerstören
und zu akkumulieren als eine jahrelang fortgesetzte schwache