Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Die Versuche, die absolute elektrooptische Verzögerung und
Beschleunigung bei der elektrischen Doppelbrechung zu ermit-
teln, welche ich in den Sitzungsberichten vom Jahre 1915 mit-
geteilt habe*, hatten ergeben, daß, wenn man eine gut isolierende
Flüssigkeit mit positiver KERR-Konstante, wie Schwefelkohlen-
stoff oder Ghlorbenzol in ein elektrisches Feld bringt, das senk-
recht zu den Kraftlinien polarisierte Licht eine Verzögerung, das
parallel zu den Kraftlinien polarisierte eine Beschleunigung er-
fährt und daß das Größenverhältnis derselben 4 : 1 ist.
Diese Wirkung des elektrischen Feldes setzt sich zusammen
aus der elektrischen Doppelbrechung und der Elektrostriktion.
Die LARMOR-LANGEViNsche Theorie ergibt für die in Wellen-
längen ausgedrückte Verzögerung des senkrecht zu den Kraft-
linien polarisierten Lichtes
v = LjL-L = (^ B + K) EM la)
und entsprechend für die Beschleunigung des parallel den Kraft-
linien polarisierten Lichtes
b = = (-1/3 B + K) EN 1 b)

wo n der Brechungsexponent der Flüssigkeit ohne Feld, n^ und n„
die Brechungsexponenten der durch das Feld doppelbrechend
gewordenen Flüssigkeit für den außerordentlichen und ordent-
lichen Strahl sind. 1 ist die Länge der durchstrahlten Schicht
im Felde und E die Feldstärke. B die KERRSche Konstante und
K das von der Elektrostriktion herrührende Glied sind gegeben
durch die Gleichungen

n„ — m

= B - E

und

K

(s - 1) (e + 2) (n' + 2) C 2)

144 Ti - n - X

")

wo s die Dielektrizitätskonstante, G die Kompressibilität.
^ Sitzungsber. d. Heidelb. Akad. d. Wissensch. 1915, Abh. 8.
^ Vgi. 1. c. pag. 19 Gleichung 5.