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Deecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1923, 1. Abhandlung): Mitteleuropäische Meeresströmungen der Vorzeit — Berlin, Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43565#0026
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26

W. Deecke:

kann nicht aus dem Wasser wie Kalke chemisch ausgeschieden
werden, sondern muß immer irgendwoher abgeschwemmt und dann ver-
tragen sein, bis er am Grunde ruhigerer Meeresflächen zur Ablagerung
kam. Die Abscheidung aus Kolloidlösungen ist oft behauptet, jedoch
keineswegs sicher bewiesen, noch dazu in einem so gewaltigen Umfange.
Wurde Ton zu besonderer Dicke aufgehäuft, setzt er unter allen Um-
ständen konstante Wasserbewegung voraus und ein relativ einheit-
liches, mehr oder minder von der starken Strömung abgetrenntes Meer
oder die Mündungen mächtiger, stark getrübter Ströme. So wird für den
letzten Fall vom Ofanto in Unteritalien eine unendliche Menge zerriebenen
Schuttes als Schlamm den Adriatiefen zugeführt, und auch die ligurischen
Bäche werfen grauen Schlamm zeitweise massenhaft in den Golf von
Genua. Diese Gruppe von Tonen wird man aber leicht durch ihre gröbe-
ren Einschaltungen (Flußgerölle usw.) auch in fossilem Zustande ab-
scheiden können. Ebenso sind die Delta- und Flachwasserschlicke
abzutrennen durch ihre nie fehlenden Sandeinlagerungen. Den hol-
steinischen Elbschlickmassen oder den holländischen am Unterrhein
vergleichbar sind die obengenannten Wealdensedimente oder die ober-
karbonischen Ruhrkohlen. Auf solche Sedimente kommt es mir hier-
weniger an, mehr auf die einheitlichen Tonschichten des hannöversch-west-
fälischen Lias und Doggers, auf die schwäbischen Unterjurasedimente,
auf die russischen Malm- und Unterkreideschichten, auf die paläocänen
Tone von London bis Hamburg, auf die Septarientone und die nordwest-
deutschen Miocänschichten. In allen diesen Komplexen haben wir rein
marine und dennoch sehr dicke, jedesmal mehrere Hunderte Meter
messende Serien mit geringerem Kalkgehalt ohne gröberen Sand, ohne
Braunkohlen, dafür mit einer echten marinen Schlammfauna. Der ganze
Mineralbestand dieser Schichten kann nur von den Seiten her herbei-
getragen und in stillerem Wasser abgelagert sein. Bemerkenswert ist
das Wiederkehren dieses Sedimenttypus im Bereiche des varistischen Ge-
birges zwischen dessen bald mehr, bald minder abgesunkenen Rumpf-
stücken. Er erscheint zum ersten Male nach der Rhaettransgression und
zwar in ganz Westdeutschland, dann immer wieder, aber nach der
Malmhebung dauernd beschränkt auf den nördlichen Abschnitt zwischen
den englischen und mitteldeutschen Kernen und der skandinavischen
Masse. Ich erkläre mir dies so, daß von der Tethys ein Arm der Haupt-
strömung über die Nordatlantis nach Westeuropa rückläufig war und an
diesen Hindernissen entlang als Kreisstrom lief, dabei seine Geschwindig-
keit verlor und die mitgeschleppten Trüben zwischen den Inseln absetzte.
Dabei kommt ausschlaggebend in Frage der Wind. Wir haben keinen
 
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