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Deecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1923, 1. Abhandlung): Mitteleuropäische Meeresströmungen der Vorzeit — Berlin, Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43565#0028
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•28

W. ÜEECKE:

europas erleichtert war, ferner durch die immer wiederkehrenden her-
zynischen Hebungen, die den Strom teilten, und drittens durch die Un-
tiefen, welche in varistischem Sinne bald südlicher, bald nördlicher
querliegend den Abfluß zur Tethys hemmten, also z. B. im Malm eine
Art Sackgasse im Jurameere schufen. Solche wirklich sackartigen end
daher stark zugeschwemmten Ausbuchtungen, welche an einem Ende ge-
schlossen waren und gleichzeitig durch Flüsse aufgehöht wurden, waren
das norddeutsche Wealdengebiet, die norddeutschen Paläocän- und Mio-
cänbuchten, der oligocäne Rheintalgraben. Darin sind alle diese ver-
schwundenen Meeresteile bis zu einem gewissen Grade den Marschgebieten
Frieslands und Schleswig-Holsteins vergleichbar, wo die vom Atlantik her
durch den Kanal und die Shetlandspforte eintretenden Flutwellen und
Wasserbewegungen ebenfalls ein Ende finden und den ihnen zum Opfer
gefallenen litoralen und fluvialen Detritus absetzen. Ja, man kann sogar
das belgisch-englische und niederdeutsche Oberkarbongebiet hier ein-
fügen, dessen mariner Einschlag auf ein westlich gelegenes Meer hinweist
und dessen enorme Tonmassen vielleicht gleichen Ursprung und gleiche
Entstehungsart haben, wie die eben genannten jüngeren Schichten.
In langsamer Hebung oder Senkung befindliche Küstenstriche,
Flachwasserstreifen, Untiefen und Riffe werden nach der jeweiligen
höheren oder tieferen Lage unter der Meeresoberfläche von solcher
schlammverschleppenden Strömung frei bleiben oder überdeckt werden.
Bei etwas rascherer Senkung treffen wir tonige Einschaltungen oder
dickere Überlagerung an. Beispiele sind im süddeutschen Hauptoolith
die Acuminata-Mergel, über demselben die Varians-Mergel, im Malm die
Humeralis-Mergel, die Pteroceras-Mergel. Hebt sich solches Gebiet,
entsteht aus den Kalkriffen ein Brandungsgrus mit Kreuzschichtung (alle
Arten von Juraoolithen) und feinster Kalkschlamm, der von der Brandung
und Küstendrift schließlich durch Löcher in stille Buchten hinter die
Untiefen und Barrieren geworfen wird (Nusplinger und Solnhofer Kalke).
Im Tertiär und schon in der Kreide schalten sich als Reste von litoralen
Sandschaaren die glaukonitischen und sandigen Lagen und Linsen oft
zwischen diese Tone. Dahin rechne ich ferner die Eisenoolithe der
deutschen Juraformation, welche sich in der Uferzone, aber in etwas
tieferem Wasser entwickelten. Die Minetten Luxemburgs und Lothringens
setzen sich als- „Schwänze“ an das Ardennenmassiv, die Eisensandsteine
von Aalen an die Untiefen der Böhmer Masse, die Murchisonae-Eisen-
öolithkalke an die von Schwarzwald und Vogesen an. In der ganzen Ver-
breitung dieser Sedimente des Unterdoggers prägt sich bereits die spätere,
oberjurassische und untercreatacische Küstenlinie aus. Die Eröffnung der
 
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