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W. Deecke:
Tintenfischen auf einmal an demselben Punkte gelebt haben und ge-
storben sein wird. Schwärme gewaltiger Art sind dort zusammengetrieben,
tot und lebend, und angereichert, bevor sie eingebettet wurden. Es sind
diese „Treibmassen“ für mich ein Beweis für die in Schwaben endi-
gende, von Nord west kommende liasische Drift. Endlich wären
hier die Orbicularisbänke des germanischen oberen Wellenkalkes an-
zuschließen, in denen wir mit zahllosen Fließspuren die Wasserbewegun-
gen direkt beobachten. Es handelt sich um lauter Einzelschalen von
Myophorien, die versehwemmt, einzeln oder in Haufen auf den Schicht-
flächen liegen. Von der Schreibkreide mit ihrem planktonischen Fora-
minifereninhalt habe ich oben (S. 20) gesprochen. Wir können gleiche
Anhäufungen von Globigerinen im Dachsteinkalke der Ostalpen nach-
weisen und analoge Sedimente in manchen Radiolarienschichten ver-
muten, da ja auch diese Tiere von den Meeresströmen in Straßen und
Engen zusammengeschleppt und sedimentiert werden (Meerenge von
Messina).
Viel Kopfzerbrechen hat mir das unglaublich häufige Auftreten
von Haifischen und Rochenresten in der Bodenseemolasse, und zwar
gerade in den glaukonitischen Lagen gemacht. Ich bin dazu gelangt,
ebenfalls Anschwemmung von Leichen in die flachen Küstengewässer
anzunehmen, wo dann die allein erhaltbaren Zähne und Wirbel oder
Hautplatten sich ansammelten. In diesem Falle sind wir vielleicht in
der Lage, dies mit Hülfe der obenerwähnten Turritellenplatte und dem
Neritakalk zu kombinieren und alles gemeinsam daraus zu begreifen, daß
eine kräftige Wasserbewegung nördlich der Alpen von Ungarn nach der
unteren Rhone ging. Mag sie Ost-West oder umgekehrt gelaufen sein,
immer war die Unibiegungsstelle am Bodensee-Hegau das Gebiet,
wo die mitgeschleppten Massen sich stauen und anlanden mußten. Nach
Analogie der mesozoischen Tethys sollten wir eine Ost-West-Drift in
diesem vindelizischen Meeresteil vermuten, welche sich vorzugsweise am
Nordufer entlang bewegte und durch kontinentale Ostwinde, wie heute
am Nordrande des Schwarzen Meeres noch begünstigt wurde. Ähnliche
Häufigkeit der Haifischzähne beobachten wir im mitteloligocänen Stet-
tiner Sand und in den Grünsanden des Daniens von Annetorp in
Schonen, gleichfalls zwei Küstenbildungen, wo längs des Ufers ziehende
Driften tote Tiere anspülten und einbetteten; denn die Gegend der
Odermündungen mit Rügen und das nördliche Schonen mit Bornholm
bildeten in jenen Zeiten ähnliche Umlenkungsstellen des Küstenstromes
wie im Miocänmeere der südliche Schwarzwald. Es besteht in dieser
Hinsicht ein unzweifelhafter Unterschied gegen die Eocänsande des
W. Deecke:
Tintenfischen auf einmal an demselben Punkte gelebt haben und ge-
storben sein wird. Schwärme gewaltiger Art sind dort zusammengetrieben,
tot und lebend, und angereichert, bevor sie eingebettet wurden. Es sind
diese „Treibmassen“ für mich ein Beweis für die in Schwaben endi-
gende, von Nord west kommende liasische Drift. Endlich wären
hier die Orbicularisbänke des germanischen oberen Wellenkalkes an-
zuschließen, in denen wir mit zahllosen Fließspuren die Wasserbewegun-
gen direkt beobachten. Es handelt sich um lauter Einzelschalen von
Myophorien, die versehwemmt, einzeln oder in Haufen auf den Schicht-
flächen liegen. Von der Schreibkreide mit ihrem planktonischen Fora-
minifereninhalt habe ich oben (S. 20) gesprochen. Wir können gleiche
Anhäufungen von Globigerinen im Dachsteinkalke der Ostalpen nach-
weisen und analoge Sedimente in manchen Radiolarienschichten ver-
muten, da ja auch diese Tiere von den Meeresströmen in Straßen und
Engen zusammengeschleppt und sedimentiert werden (Meerenge von
Messina).
Viel Kopfzerbrechen hat mir das unglaublich häufige Auftreten
von Haifischen und Rochenresten in der Bodenseemolasse, und zwar
gerade in den glaukonitischen Lagen gemacht. Ich bin dazu gelangt,
ebenfalls Anschwemmung von Leichen in die flachen Küstengewässer
anzunehmen, wo dann die allein erhaltbaren Zähne und Wirbel oder
Hautplatten sich ansammelten. In diesem Falle sind wir vielleicht in
der Lage, dies mit Hülfe der obenerwähnten Turritellenplatte und dem
Neritakalk zu kombinieren und alles gemeinsam daraus zu begreifen, daß
eine kräftige Wasserbewegung nördlich der Alpen von Ungarn nach der
unteren Rhone ging. Mag sie Ost-West oder umgekehrt gelaufen sein,
immer war die Unibiegungsstelle am Bodensee-Hegau das Gebiet,
wo die mitgeschleppten Massen sich stauen und anlanden mußten. Nach
Analogie der mesozoischen Tethys sollten wir eine Ost-West-Drift in
diesem vindelizischen Meeresteil vermuten, welche sich vorzugsweise am
Nordufer entlang bewegte und durch kontinentale Ostwinde, wie heute
am Nordrande des Schwarzen Meeres noch begünstigt wurde. Ähnliche
Häufigkeit der Haifischzähne beobachten wir im mitteloligocänen Stet-
tiner Sand und in den Grünsanden des Daniens von Annetorp in
Schonen, gleichfalls zwei Küstenbildungen, wo längs des Ufers ziehende
Driften tote Tiere anspülten und einbetteten; denn die Gegend der
Odermündungen mit Rügen und das nördliche Schonen mit Bornholm
bildeten in jenen Zeiten ähnliche Umlenkungsstellen des Küstenstromes
wie im Miocänmeere der südliche Schwarzwald. Es besteht in dieser
Hinsicht ein unzweifelhafter Unterschied gegen die Eocänsande des