10 (B. 7)
Otto Cohnheim :
auf diese Weise schließlich langsam bewältigt werden. Ist das
gefaßte Stück sehr groß, so daß es teilweise in der Mundhöhle ist,
zum Teil heraushängt, so kann auch noch nachträglich der Flucht-
reflex ausgelöst werden und bei der plötzlichen Bewegung dieses
Reflexes wird dann das zunächst gefaßte Stück bisweilen noch
losgerissen, so daß der Fluchtreflex dann im Dienste der Nah-
rungsaufnahme steht.
Ist ein Stück Fleisch gefressen, so kann man nun die ganze
Bewegung des Darmkanals, die Verflüssigung des Eiweißes und
den Forttransport bei den durchsichtigen Tieren aufs schönste
sehen, und es gewährt für den Physiologen, der sich mit Ver-
dauungsphysiologie beschäftigt, einen eigenen Reiz, alle die Dinge
direkt sehen zu können, deren Vorhandensein man sonst erschließen
muß. Man kann die GRüTZNER’sche Fibrincarminreaktion am
Lebenden ausführen, die Reaktion der Verdauungssekrete ohne
jeden Eingriff bestimmen usw. — Wird ein Stück Fischfleisch,
das man in fein zerriebenem Indigcarmin gewälzt hat, verfüttert,
so sieht man nach 1 Minute, nachdem es aus dem Kauapparat
herausgetreten ist, wie der bis dahin leere und zusammenliegende
Darmkanal sich mit Flüssigkeit füllt. Die Flüssigkeit strömt nach
vorne, umfließt das Stück Fleisch und färbt sich bald blau. Sehr
bald darauf rutschen Fleisch und Flüssigkeit den Darm entlang.
Einmal habe ich ein. Stück Fleisch 4 Minuten nach dem Fressen
am Ende des Darms an der Leber ankommen sehen. Meist dauert
es einige Minuten länger. Von Bewegungen des Darmes sieht
man bisweilen peristaltische Einschnürungen, die über den Darm
hinlaufen; häufiger sieht man große Bewegungen, die so aus-
sehen, wie ich mir die Pendelbewegungen vorstelle, die Flüssig-
keiten in 4 Minuten durch die ganze Länge des Hundedünn-
darms hindurchtreiben, und die hauptsächlich auf einer Ver-
kürzung der Längsmuskeln über eine große Strecke hin bestehen.
Auch Hin- und Herfluten des Darminhaltes sieht man oft, dagegen
habe ich nie etwas gesehen, das den rhytmic segmentations ent-
spricht, den Misch- und Knetbewegungen. Der ganze Darmkanal
von der Mundöffnung bis zur Leber ist durchaus eine Einheit.
Scheidungen in verschiedene Abschnitte sind nicht vorhanden,
das Hin- und Herfluten geht unterschiedslos über die ganze
Darmlänge hin. Unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme be-
wegt sich der Darm etwa eine Stunde lang sehr lebhaft, später
sieht man nur seltene und schwache Bewegungen. Jeder neue
Otto Cohnheim :
auf diese Weise schließlich langsam bewältigt werden. Ist das
gefaßte Stück sehr groß, so daß es teilweise in der Mundhöhle ist,
zum Teil heraushängt, so kann auch noch nachträglich der Flucht-
reflex ausgelöst werden und bei der plötzlichen Bewegung dieses
Reflexes wird dann das zunächst gefaßte Stück bisweilen noch
losgerissen, so daß der Fluchtreflex dann im Dienste der Nah-
rungsaufnahme steht.
Ist ein Stück Fleisch gefressen, so kann man nun die ganze
Bewegung des Darmkanals, die Verflüssigung des Eiweißes und
den Forttransport bei den durchsichtigen Tieren aufs schönste
sehen, und es gewährt für den Physiologen, der sich mit Ver-
dauungsphysiologie beschäftigt, einen eigenen Reiz, alle die Dinge
direkt sehen zu können, deren Vorhandensein man sonst erschließen
muß. Man kann die GRüTZNER’sche Fibrincarminreaktion am
Lebenden ausführen, die Reaktion der Verdauungssekrete ohne
jeden Eingriff bestimmen usw. — Wird ein Stück Fischfleisch,
das man in fein zerriebenem Indigcarmin gewälzt hat, verfüttert,
so sieht man nach 1 Minute, nachdem es aus dem Kauapparat
herausgetreten ist, wie der bis dahin leere und zusammenliegende
Darmkanal sich mit Flüssigkeit füllt. Die Flüssigkeit strömt nach
vorne, umfließt das Stück Fleisch und färbt sich bald blau. Sehr
bald darauf rutschen Fleisch und Flüssigkeit den Darm entlang.
Einmal habe ich ein. Stück Fleisch 4 Minuten nach dem Fressen
am Ende des Darms an der Leber ankommen sehen. Meist dauert
es einige Minuten länger. Von Bewegungen des Darmes sieht
man bisweilen peristaltische Einschnürungen, die über den Darm
hinlaufen; häufiger sieht man große Bewegungen, die so aus-
sehen, wie ich mir die Pendelbewegungen vorstelle, die Flüssig-
keiten in 4 Minuten durch die ganze Länge des Hundedünn-
darms hindurchtreiben, und die hauptsächlich auf einer Ver-
kürzung der Längsmuskeln über eine große Strecke hin bestehen.
Auch Hin- und Herfluten des Darminhaltes sieht man oft, dagegen
habe ich nie etwas gesehen, das den rhytmic segmentations ent-
spricht, den Misch- und Knetbewegungen. Der ganze Darmkanal
von der Mundöffnung bis zur Leber ist durchaus eine Einheit.
Scheidungen in verschiedene Abschnitte sind nicht vorhanden,
das Hin- und Herfluten geht unterschiedslos über die ganze
Darmlänge hin. Unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme be-
wegt sich der Darm etwa eine Stunde lang sehr lebhaft, später
sieht man nur seltene und schwache Bewegungen. Jeder neue