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Cohnheim, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1912, 7. Abhandlung): Zur Physiologie der Nierensekretion, 1 — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.37621#0012
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12 (B. 7)

Otto Cohnheim :

einmal gesehen, daß der prall vollgestopfte Darm bei einem un-
gewöhnlich heftigen Fluchtreflex geplatzt ist. Carinaria hört da-
gegen bei einem bestimmten Füllungsgrade des Magens zu fressen
auf, aber nicht, weil der Freßreflex nicht auszulösen wäre, sondern
aus einem eigentümlichen mechanischen Grunde. Bei leerem
Magen schwimmt das Tier mit erhobenem Kopf und Rüssel,
so daß das Tango-Rezeptionsorgan die vorderste Stelle des Kör-
pers bildet und bei dem normalen Schwimmen des Tieres leicht
an Nahrung stößt. Ist der Magen dagegen voll mit Fleisch, das
schwerer ist als Seewasser, so kippt das Tier nach vorne um,
und wenn es nun vorwärts schwimmt, so findet sich der Tango-
Rezeptor auf der Rückseite des Körpers. Wenn man den Re-
zeptor berührt, so kann man sich gut davon überzeugen, daß
der Freßreflex nach wie vor auszulösen ist und zum Ziele führt.
Unter natürlichen Bedingungen dürfte es aber hei dieser Körper-
haltung fast ausgeschlossen sein, daß der Reflex ausgelöst wird.
In dem Maße wie sich der Magen entleert, richtet sich auch das
Tier wieder auf. Wir wissen bekanntlich nicht, worauf Flunger
und Sättigung bei uns oder hei höheren Tieren beruhen. Hier
ist das Problem, hei Hunger das Fressen zu erleichtern und
bei vollem Magen die weitere Zufuhr zu verhindern, rein me-
chanisch gelöst.
Nach Feststellung dieser Tatsachen war es ein leichtes, die
Tiere mit Farbstoffen zu füttern. Ich wälzte Stückchen Fisch-
fleisch in dem Farbpulver oder tränkte die Fleischstückchen mit
konzentrierten Lösungen der Farben. Glatt aufgenommen wurden
Indigcarmin, Lackmus, Methylenblau, Nilblau-Chlorhydrat, Neu-
tralrot, Ivongorot, Benzopurpurin, Alizarin. Verweigert wurden
Nilblausulfat, Carmin, Bismarckbraun, Pyrolblau, Trypanblau
und Trypanrot. — Die drei letzten Farben sind mir von der
Firma Cassella in Frankfurt a. M. in liebenswürdiger AVeise zur
Verfügung gestellt worden, die anderen Farben stammten meist
von Grübler.
Für meinen eigentlichen Zweck, den Durchtritt durch den
Darm, die Aürteilung im Körper und die Ausscheidung durch
die Niere, zu sehen, erreichte ich aber auf diesem AVege wenig,
da die meisten der gefressenen Farbstoffe nicht oder nur in
Spuren resorbiert wurden. Die Tiere entleerten stark gefärbte
Klümpchen Kot, aber weder das übrige Tier noch die Niere
färbten sich. Nur hei Methylenblau erhielt das ganze Tier einen
 
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