Metasyphilis des Nervensystems.
(B. 4) 25
Wir berühren damit eine außerordentlich wichtige und viel
diskutierte Frage; sie läßt sich dahin schärfer formulieren: be-
ruht die Erkrankung der Luetiker an Metalues lediglich auf
der Qualität ihrer Syphilis, bzw. deren Virus, oder auf
der Eigenart der Individuen, also auf ihrer Disposition
im weitesten Sinne des Worts ?
Wir strengen Anhänger der Lehre, daß Tabes und Paralyse
syphilogene, oder nach dem heutigen Stand unseres Wissens
wirklich spezifisch-syphilitische Erkrankungen sind,
müssen natürlich in dem syphilitischen Virus und seiner beson-
deren Qualität die wesentlichste, geradezu unerläßliche Ursache
dieser Krankheiten erblicken: „ohne Syphilis keine Tabes und
keine Paralyse“!
Wir erkennen jedoch dabei gern eine Anzahl von Hilfsursachen,
von die Krankheit ermöglichenden oder auslösenden Momenten an,
die aber alle nichts weiter sein können als Dinge, welche den
menschlichen Organismus, seine Gewebe und Säfte, sein Nerven-
system in einer bestimmten, freilich schwer zu präzisierenden
Weise für die Einwirkung des metaluetischen Virus empfänglich
und zu einem geeigneten Nährboden machen. Sie wirken also im
allgemeinen Sinne „disponierend“.
Zu diesen Dingen gehört vor allem die nervöse Disposition im
engern Sinne, die „neuropathische Belastung“, die auf Heredität
beruhende angeborene Minderwertigkeit des Nervensystems im
weiteren Sinne; vielleicht auch eine solche der Körpergewebe
überhaupt, der Gesamtkonstitution, welche in diesem Sinne dis-
ponierend wirken können. — Weiterhin aber auch eine erwor-
bene Minderwertigkeit: durch schlechte Ernährung, durch Krank-
heiten, durch die sog. „Diathesen“, durch mangelhafte Leistungen
der Blutdrüsen, durch ungenügende Blutbildung u. dgl.; besonders
aber weiterhin durch Überarbeitung und Überanstrengung, durch
gesteigerten „Aufbrauch bei mangelhaftem Ersatz“ (Edinger) in
geistiger und körperlicher Hinsicht; durch psychogene Einwir-
kungen, „Nervenchok“, schwere Gemütsbewegungen, durch Arbeit
unter Sorgen, Kummer und deprimierenden Einwirkungen; durch
sexuelle Exzesse, durch große und wiederholte Kälteschädlich-
keiten, durch Strapazen, Krieg, lüderliches Leben und gewisse
Gifte (Alkohol, Tabak, Ergotin).
Es erscheint mir nicht zweifelhaft, daß in allen diesen Dingen
sehr viele schädigende Möglichkeiten gegeben sind, welche viel-
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Wir berühren damit eine außerordentlich wichtige und viel
diskutierte Frage; sie läßt sich dahin schärfer formulieren: be-
ruht die Erkrankung der Luetiker an Metalues lediglich auf
der Qualität ihrer Syphilis, bzw. deren Virus, oder auf
der Eigenart der Individuen, also auf ihrer Disposition
im weitesten Sinne des Worts ?
Wir strengen Anhänger der Lehre, daß Tabes und Paralyse
syphilogene, oder nach dem heutigen Stand unseres Wissens
wirklich spezifisch-syphilitische Erkrankungen sind,
müssen natürlich in dem syphilitischen Virus und seiner beson-
deren Qualität die wesentlichste, geradezu unerläßliche Ursache
dieser Krankheiten erblicken: „ohne Syphilis keine Tabes und
keine Paralyse“!
Wir erkennen jedoch dabei gern eine Anzahl von Hilfsursachen,
von die Krankheit ermöglichenden oder auslösenden Momenten an,
die aber alle nichts weiter sein können als Dinge, welche den
menschlichen Organismus, seine Gewebe und Säfte, sein Nerven-
system in einer bestimmten, freilich schwer zu präzisierenden
Weise für die Einwirkung des metaluetischen Virus empfänglich
und zu einem geeigneten Nährboden machen. Sie wirken also im
allgemeinen Sinne „disponierend“.
Zu diesen Dingen gehört vor allem die nervöse Disposition im
engern Sinne, die „neuropathische Belastung“, die auf Heredität
beruhende angeborene Minderwertigkeit des Nervensystems im
weiteren Sinne; vielleicht auch eine solche der Körpergewebe
überhaupt, der Gesamtkonstitution, welche in diesem Sinne dis-
ponierend wirken können. — Weiterhin aber auch eine erwor-
bene Minderwertigkeit: durch schlechte Ernährung, durch Krank-
heiten, durch die sog. „Diathesen“, durch mangelhafte Leistungen
der Blutdrüsen, durch ungenügende Blutbildung u. dgl.; besonders
aber weiterhin durch Überarbeitung und Überanstrengung, durch
gesteigerten „Aufbrauch bei mangelhaftem Ersatz“ (Edinger) in
geistiger und körperlicher Hinsicht; durch psychogene Einwir-
kungen, „Nervenchok“, schwere Gemütsbewegungen, durch Arbeit
unter Sorgen, Kummer und deprimierenden Einwirkungen; durch
sexuelle Exzesse, durch große und wiederholte Kälteschädlich-
keiten, durch Strapazen, Krieg, lüderliches Leben und gewisse
Gifte (Alkohol, Tabak, Ergotin).
Es erscheint mir nicht zweifelhaft, daß in allen diesen Dingen
sehr viele schädigende Möglichkeiten gegeben sind, welche viel-