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Ranke, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1914, 2. Abhandlung): Zur Theorie mesenchymaler Differenzierungs- und Imprägnationsvorgänge: unter normalen und pathologischen Bedingungen (mit besonderer Berücksichtigung der Blutgefäßwand) — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.34091#0006
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6 (B. 2)

O. Ranke:

bei der Bildung der giatten Muskelelemente im Digestions- und
Respirationstraktus und in der Blutgefäßwand eine bedeutsame
RoIIe zu. spielen; hier kommt es dann im ,,Entoplasma" (dem
Elemente der glatten Muskulatur) zur Differenzierung eines
besondersartigen fibrillären Produkts: der Myofibrille. Eine
Analogie zu dieser Art mesenchymaler Differenzierung dürfen
wir wohl in der Sonderung sehen, die sich im Gliasynzytium (z. B.
der weißen Substanz des Rückenmarks) zwischen demperinukleären
,,eigentlichen Gliaprotoplasma" (der ,,Gliazelle") und dem kern-
losen ,,diffusen Glianetze" vollzieht.
Für das morphologische Verständnis dieser Sonderung zwischen
Ento- und Ektoplasma ist eines zu beachten: Die Trennung der
beiden ,,Plasmen" ist wohl stellenweise — wie im Knorpel — eine
vollkommene, so daß das eine Plasma sich gegen das andere durch
eine Art Kapsel (,,Knorpelkapsel") abscheidet. An anderen
Stellen werden aber durch die schrumpfende Wirkung der ge-
bräuchlichen Fixierungsmittel trennende Räume geschaffen, die
in derNatur nicht - oder doch nicht in der unserenmikroskopischen
Bildern entsprechenden Form und Ausdehnung — vorhanden
sind. So scheint besonders in der Arterienmedia jedes Element
der glatten Muskulatur von dem umgebenden (die elastischen
Lamellen enthaltenden — darüber siehe unten!) Bindegewebsnetze
durch einen Hohlraum getrennt zu sein; dieser Raum entspricht
nicht etwa den ursprünglichen Maschen des Mesenchymalnetzes,
sondern befindet sich jeweils an der Grenze zwischen kernhaltigem
Entoplasma (Muskelelement) und (meist) kernlosem Ektoplasma.
Mhe innig die Beziehungen zwischen beiden ursprünglich sind,
lehren die embryologischen Llntersuchungen Mc. GiLLS über die
Entwicklung der glatten Muskulatur; nach den Verhältnissen
unter pathologischen Bedingungen (z. B. bei infiltrativen Ent-
zündungen) ist es wahrscheinlich, daß an dieser Stelle im lebenden
Gewebe nicht einmal eigentliche Saftspalten vorhanden sind^.
Unter dem Namen der chemischen Differenzierung oder
Imprägnation des Mesenchymalplasmas und seines mor-
i Die Verhältnisse scheinen hier — rein morphologisch betrachtet —
ähnlich so zu liegen wie bei der Beziehung zwischen dem Glianetz (z. B. in
der weißen Substanz des Rückenmarks) und den markhaltigen Nervenfasern.
Auch hier scheint jede Markfaser in einer offenen ,,Masche" des Glianetzes
sich zu befinden; tatsächlich ist aber das Markfasergerüst ein aus dem gliösen
Plasma stammendes und mit diesem auch beim reifen Organismus in innigster
morphologischer Beziehung stehendes Gebilde.
 
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