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0. Ranke:
In diesen beiden Tatsachen aber scheint uns der Schlüssel
zum Verständnis der sogenannten ,,metaplastischen" Prozesse
an Bindegewebsstrukturen gegeben zu sein. Auf der einen Seite
werden wir dem Mesenchymalplasma — wie auch anderen Plas-
men — eine ,,pluripotente RegenerationsfähigkeiP' zusprechen
rnüssen: es ist nicht nur imstande, etwa bei traumatischen Ein-
wirkungen oder unter ,,entzündlichen" Bedingungen sein charahte-
ristisches ,,morphotisches Differenzierungsprodukt", die ,,Silber-
fibrille", neu zu bilden, sondern clie Fibrillen einerseits, Teile des
Plasmas andererseits können, je nach der einwirkenden Schädlicli-
keit und je nacli den Einflüssen umgebender Gewebsbestandteile,
in verschiedenster Weise ,,Imprägnationsvorgängen" oder auch
der ,,Entoplasma-Ektoplasma-Differenzierung" sich unterziehen.
Es ist das prinzipiell wohl nichts anderes als die Umwandlung
der Neuroglia im Zentralnervensystem unter Bedingungen, die
zu pathologischen Regenerationsvorgängen führen: liier sehen
wir z. B., daß ein normalerweise fibrillenfreies Plasma Gliafibrillen
differenziert, daß es bei Bildung neuer Oberflächen ,,Grenzmem-
branen" entstehen läßt, daß es bei cler Regeneration von Nerven-
fasern sich zu den komplizierten Strukturen des Markscheiden-
gerüstes umbildet. Und wie heute wohl kaum rnehr für die kom-
plizierten fibrillenfreien Plasmastrukturen der Neuroglia (etwa
in der Großhirnrinde) die alte Anschauung einer unvollkommenen
Differenzierung(BoNOMEsTheorie der,,Cellule gliogenetiche") zur
Erklärung dieser mannigfaltigen Regenerationsmöglichkeiten ernst-
haft herangezogen werden kann, ebensowenig glauben wir, der-
artigen Prozessen irn Mesenchymalnetze unter der einseitigen
Würcligung ihrer ,,prosoplastischen" Natur oder mit dem Schlag-
worte ,,metaplastischer" Vorgänge gerecht zu werden.
Andererseits aber haben wir in den ,,Desimprägnations-
prozessen" Vorgänge kennen gelernt, welche das in jedem kom-
pliziertesten Mesenchymalgewebe (Knocben, Ivnorpel etc.) vor-
handene Plasma und seine Fibrillen wieder zur Erscheinung zu
bringen, gewissermaßen ,,aufzuschließen" und bei lortwirkenden
pathologischen Einwirkungen neuen Differenzierungs- und Im-
prägnationsprozessen zuzuführen vermögen. So möchten wir,
urn nur ein Beispiel zu nennen, bei dem Auftreten faserigen Binde-
gewebes an Stelle eines Knochens nicht eine ,,Metaplasie der
Knochenzellen zu Bindegewebszellen", sondern vielmehr
eine Reaktion des dem Knochen zugrunde liegenden, von
0. Ranke:
In diesen beiden Tatsachen aber scheint uns der Schlüssel
zum Verständnis der sogenannten ,,metaplastischen" Prozesse
an Bindegewebsstrukturen gegeben zu sein. Auf der einen Seite
werden wir dem Mesenchymalplasma — wie auch anderen Plas-
men — eine ,,pluripotente RegenerationsfähigkeiP' zusprechen
rnüssen: es ist nicht nur imstande, etwa bei traumatischen Ein-
wirkungen oder unter ,,entzündlichen" Bedingungen sein charahte-
ristisches ,,morphotisches Differenzierungsprodukt", die ,,Silber-
fibrille", neu zu bilden, sondern clie Fibrillen einerseits, Teile des
Plasmas andererseits können, je nach der einwirkenden Schädlicli-
keit und je nacli den Einflüssen umgebender Gewebsbestandteile,
in verschiedenster Weise ,,Imprägnationsvorgängen" oder auch
der ,,Entoplasma-Ektoplasma-Differenzierung" sich unterziehen.
Es ist das prinzipiell wohl nichts anderes als die Umwandlung
der Neuroglia im Zentralnervensystem unter Bedingungen, die
zu pathologischen Regenerationsvorgängen führen: liier sehen
wir z. B., daß ein normalerweise fibrillenfreies Plasma Gliafibrillen
differenziert, daß es bei Bildung neuer Oberflächen ,,Grenzmem-
branen" entstehen läßt, daß es bei cler Regeneration von Nerven-
fasern sich zu den komplizierten Strukturen des Markscheiden-
gerüstes umbildet. Und wie heute wohl kaum rnehr für die kom-
plizierten fibrillenfreien Plasmastrukturen der Neuroglia (etwa
in der Großhirnrinde) die alte Anschauung einer unvollkommenen
Differenzierung(BoNOMEsTheorie der,,Cellule gliogenetiche") zur
Erklärung dieser mannigfaltigen Regenerationsmöglichkeiten ernst-
haft herangezogen werden kann, ebensowenig glauben wir, der-
artigen Prozessen irn Mesenchymalnetze unter der einseitigen
Würcligung ihrer ,,prosoplastischen" Natur oder mit dem Schlag-
worte ,,metaplastischer" Vorgänge gerecht zu werden.
Andererseits aber haben wir in den ,,Desimprägnations-
prozessen" Vorgänge kennen gelernt, welche das in jedem kom-
pliziertesten Mesenchymalgewebe (Knocben, Ivnorpel etc.) vor-
handene Plasma und seine Fibrillen wieder zur Erscheinung zu
bringen, gewissermaßen ,,aufzuschließen" und bei lortwirkenden
pathologischen Einwirkungen neuen Differenzierungs- und Im-
prägnationsprozessen zuzuführen vermögen. So möchten wir,
urn nur ein Beispiel zu nennen, bei dem Auftreten faserigen Binde-
gewebes an Stelle eines Knochens nicht eine ,,Metaplasie der
Knochenzellen zu Bindegewebszellen", sondern vielmehr
eine Reaktion des dem Knochen zugrunde liegenden, von