Chemotaxis bei pathologischen Vorgängen. (B. 3) 9
zahlreiche, mikroskopisch kleine Körperchen, die Eiterkörperchen,
aufgeschwemmt enthält. Alan hatte deren Entstehung früher von
einer Teilung der Zellen des überall im Körper vorhandenen Binde-
gewebes hergeleitet; eine solche kommt bei der Entzündung auch
tatsächlich vor, ihr Produkt sind aber nicht die Eiterkörperchen.
Gerade im Stadium der ausgesprochenen Eiterbildung wird die
Teilung dieser Zellen vermißt, und bei mikroskopischer Beobach-
tung der Vorgänge am lebenden Tier stellte sich die überraschende
Tatsache heraus, daß die Eiterkörperchen nichts anderes sind als
weiße Blutkörperchen, die für gewöhnlich neben einer weit über-
wiegenden Alenge roter Blutkörperchen im Blute enthalten sind,
und die, infolge der AVirkung eines Entzündungsreizes, durch die
Wand der feinsten Blutgefäße hindurch, in Alenge in das um-
gebende Gewebe austreten. Alan hatte schon vorher gewußt,
daß zwischen den weißen Blutkörperchen oder Leukocyten und
den Eiterkörperchen kein wesentlicher Unterschied ist, und daß
die ersteren das Vermögen der Ortsveränderung besitzen. Die
Ortsveränderung kommt, wie ich vorhin schon angegeben habe,
ebenso wie bei den niedersten tierischen Lebewesen, den Amöben,
durch Ausstrecken von Fortsätzen der weichen Leibesmasse zu
Stande, welche an der Unterlage festhaften und den Körper nach
sich ziehen, worauf der Fortsatz wieder spurlos in den Leib zurück-
tritt und das Spiel an einer anderen Stelle der Oberfläche von
neuem beginnt. Wegen der Ähnlichkeit mit denen der Amöben
pflegt man diese Bewegungen als amöboide zu bezeichnen. Das
Vermögen der Ortsveränderung ruht bei zirkulierendem
Blute und betätigt sich erst, wenn es zum Stillstand des Blut-
laufs gekommen ist. Bei der in Folge der EnfZündung eintretenden
Verlangsamung der Zirkulation bleiben die kugelig gestal-
teten und klebrigen Leukocyten in immer größerer Zahl an der
Gefäßwand haften und bilden allmählig eine ruhende Wand-
schicht, innerhalb deren der Strom der roten Körperchen noch
weiter geht. Ist die Wandschicht völlig ausgebildet, so beginnt die
Auswanderung, indem die Leukocyten mit ihren Fortsätzen
in die feinen Poren der Blutgefäßwand eindringen und sie völlig
durchsetzen, um, außen angelangt, ihren Weg weiter fortzuführen.
Es handelt sich hier nicht etwa um eine Hypothese, sondern
um einen Vorgang, welcher mit Hilfe geeigneter Vorrichtungen
unter dem Alikroskop Stunden lang beobachtet werden kann, und
zwar nicht allein bei dem zu derartigen Versuchen am bequemsten
zahlreiche, mikroskopisch kleine Körperchen, die Eiterkörperchen,
aufgeschwemmt enthält. Alan hatte deren Entstehung früher von
einer Teilung der Zellen des überall im Körper vorhandenen Binde-
gewebes hergeleitet; eine solche kommt bei der Entzündung auch
tatsächlich vor, ihr Produkt sind aber nicht die Eiterkörperchen.
Gerade im Stadium der ausgesprochenen Eiterbildung wird die
Teilung dieser Zellen vermißt, und bei mikroskopischer Beobach-
tung der Vorgänge am lebenden Tier stellte sich die überraschende
Tatsache heraus, daß die Eiterkörperchen nichts anderes sind als
weiße Blutkörperchen, die für gewöhnlich neben einer weit über-
wiegenden Alenge roter Blutkörperchen im Blute enthalten sind,
und die, infolge der AVirkung eines Entzündungsreizes, durch die
Wand der feinsten Blutgefäße hindurch, in Alenge in das um-
gebende Gewebe austreten. Alan hatte schon vorher gewußt,
daß zwischen den weißen Blutkörperchen oder Leukocyten und
den Eiterkörperchen kein wesentlicher Unterschied ist, und daß
die ersteren das Vermögen der Ortsveränderung besitzen. Die
Ortsveränderung kommt, wie ich vorhin schon angegeben habe,
ebenso wie bei den niedersten tierischen Lebewesen, den Amöben,
durch Ausstrecken von Fortsätzen der weichen Leibesmasse zu
Stande, welche an der Unterlage festhaften und den Körper nach
sich ziehen, worauf der Fortsatz wieder spurlos in den Leib zurück-
tritt und das Spiel an einer anderen Stelle der Oberfläche von
neuem beginnt. Wegen der Ähnlichkeit mit denen der Amöben
pflegt man diese Bewegungen als amöboide zu bezeichnen. Das
Vermögen der Ortsveränderung ruht bei zirkulierendem
Blute und betätigt sich erst, wenn es zum Stillstand des Blut-
laufs gekommen ist. Bei der in Folge der EnfZündung eintretenden
Verlangsamung der Zirkulation bleiben die kugelig gestal-
teten und klebrigen Leukocyten in immer größerer Zahl an der
Gefäßwand haften und bilden allmählig eine ruhende Wand-
schicht, innerhalb deren der Strom der roten Körperchen noch
weiter geht. Ist die Wandschicht völlig ausgebildet, so beginnt die
Auswanderung, indem die Leukocyten mit ihren Fortsätzen
in die feinen Poren der Blutgefäßwand eindringen und sie völlig
durchsetzen, um, außen angelangt, ihren Weg weiter fortzuführen.
Es handelt sich hier nicht etwa um eine Hypothese, sondern
um einen Vorgang, welcher mit Hilfe geeigneter Vorrichtungen
unter dem Alikroskop Stunden lang beobachtet werden kann, und
zwar nicht allein bei dem zu derartigen Versuchen am bequemsten