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Vogt, Cécile; Vogt, Oskar; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 14. Abhandlung): Zur Kenntnis der pathologischen Veränderungen des Striatum und des Pallidum und zur Pathophysiologie der dabei auftretenden Krankheitserscheinungen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36566#0031
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Zur Kenntnis der pathologischen Veränderungen des Striatum. (B. 14) 31

Wendungen von Kopf und Augen und gewisse Schutz- und Abwehr-
bewegungen bei Paralysis agitans öfter unterbleiben, ohne daß ein
Rigor in den betreffenden Muskeln überhaupt nachgewiesen werden
kann. Wir müssen deshalb auf eine Aufhebung der sich in den
eben genannten Bewegungen äußernden primären Automatismen
schließen. Unter primären Automatismen verstehen wir dabei
jene, welche sich von jeher oder — vorsichtiger ausgedrückt —
wenigstens soweit als unser individuelles Erinnerungsvermögen
reicht, unbewußt und unwillkürlich abgespielt haben im Gegen-
satz zu den unter Bewußtseinskontrolle zunächst eingeübten und
dann eventuell ohne diese sich abspielenden sekundären Auto-
matismen. Mit MEYNERT lassen Autoren bis heute auch die
sekundären Automatismen sich sekundär ausschließlich in sub-
corticalen Zentren abspielen. Ist 0. VoGTS Deutung seiner corti-
calen Astasie-Abasiefälle richtig, so geht — wie er auch seiner-
zeit betont hat — daraus hervor, daß die sekundären Automatismen
dauernd ihre corticalen Komponenten behalten und sich nur all-
mählich der corticale Prozeß so leicht abspielt, daß er nicht zum
Bewußtsein kommt. Wir dürfen deshalb auch bei Striatum-
erkrankungen eine Schädigung sekundärer Automatismen nur soweit
annehmen, als in ihnen primäre Striatumautomatismen enthalten
sind.
Daß allerdings die meisten corticalen Motilitätsleistungen
Striatumkomponenten umschließen, scheint uns aus der Tatsache
hervorzugehen, daß uns eine Durchsicht der Krankengeschichten
der von uns untersuchten Striatumerkrankungen, sowie die noch-
malige Untersuchung der Frau Wiemer Mutter durch OPPENHEIM
in unserer Gegenwart dazu gebracht hat, eine gewisse Herab-
setzung der motorischen Kraft bei Striatumveränderungen
anzunehmen.
Endlich muß noch bemerkt werden, daß wir in einzelnen Fällen
dauernd oder zeitweise an Stelle von Hypertonie einer patholo-
gischen Herabsetzung des Muskeltonus begegnen.
So kommen wir denn dazu, das Striatumsyndrom zu charak-
terisieren :
Durch eine durch periphere und vor allem psychi-
sche Reize, aber nicht durch Dehnungsreflexe steige-
rungsfähige, nur wenig, dann aber in specifischer
Form besondere Muskelgruppen bevorzugende, meist
aber Agonisten und Antagonisten gleichmäßig befal-
 
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