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CECILE und OSKAR VoGT:
patho-physiologischen Erklärung auf. Eine solche Erklärung hat
eine über die causale Begründung des Zustandekommens des
pathologischen Syndroms hinausgehende Bedeutung: nicht nur
als Grundlage für normal-physiologische Rückschlüsse aus dem
pathologischen Syndrom, sondern auch deswegen, weil die Klärung
der Patho-Physiologie eines Syndroms vielfach zu einer Revision
und zu einer Ergänzung seiner bisherigen Charakterisierung führt.
Macht sie uns doch auf Symptome aufmerksam, welche man zu-
nächst übersehen hat, und führt sie doch ferner des öfteren zu einer
Umwertung einzelner Krankheitserscheinungen! So haben uns
die Vorstellungen, welche wir uns von dem Zustandekommen des
Syndroms des striären Systems seit Jahren machten, einerseits
veranlaßt, nach den oben erwähnten akinetischen Erscheinungen
hei den einzelnen hier in Betracht kommenden Krankheitsbildern
zu suchen und ferner manche Symptome anders zu bewerten, als
es z. B. KLEIST in seinem patho-physiologischen Erklärungs-
versuch der Symptome des striären Systems tut.
Bei dieser vielseitigen Bedeutung einer patho-physiologischen
Erklärung des Syndroms eines Griseum oder eines Neuronen-
systems, insbesondere aber bei unserem persönlichen Endziele,
aus der Pathologie normal-physiologische Erkenntnisse abzuleiten,
ist es tief bedauerlich, daß wir eine causale Begründung der Sym-
ptome der Erkrankungen des striären Systems nicht auf einer
empirisch vollkommen gesicherten Basis aufbauen können. Wenn
wir uns aber trotzdem schon jetzt, mit unseren theoretischen An-
schauungen an die Öffentlichkeit wagen, so geschieht es, weil sie
sich uns — wie wir in bezug auf die akinetischen Erscheinungen
bereits andeuteten — als heuristisches Prinzip bewährt haben und
weil wir noch weitergehenden Nutzen in dieser Richtung auch
für die Zukunft von ihnen erwarten.
Dem folgenden patho-physiologischen Erklärungsversuch sollen
die fasersystematischen und synaptologischeiP Feststellungen des
ersten Abschnittes zugrunde gelegt werden.
Wir müssen der Zukunft die Entscheidung überlassen, wie-
weit die betreffenden anatomischen Feststellungen durch neue Ein-
blicke eine Modifizierung erfahren und dadurch auch die im folgen-
den entwickelten Anschauungen einer Korrektur bedürfen werden.
i Bezüglich dieses Begriffes vgl. unsere ,,Allgemeinere Ergebnisse unserer
Hirnforschung", Journal für Psychologie und Neurologie, Bd. 25, Ergän-
zungsheft 1, 8.15!
CECILE und OSKAR VoGT:
patho-physiologischen Erklärung auf. Eine solche Erklärung hat
eine über die causale Begründung des Zustandekommens des
pathologischen Syndroms hinausgehende Bedeutung: nicht nur
als Grundlage für normal-physiologische Rückschlüsse aus dem
pathologischen Syndrom, sondern auch deswegen, weil die Klärung
der Patho-Physiologie eines Syndroms vielfach zu einer Revision
und zu einer Ergänzung seiner bisherigen Charakterisierung führt.
Macht sie uns doch auf Symptome aufmerksam, welche man zu-
nächst übersehen hat, und führt sie doch ferner des öfteren zu einer
Umwertung einzelner Krankheitserscheinungen! So haben uns
die Vorstellungen, welche wir uns von dem Zustandekommen des
Syndroms des striären Systems seit Jahren machten, einerseits
veranlaßt, nach den oben erwähnten akinetischen Erscheinungen
hei den einzelnen hier in Betracht kommenden Krankheitsbildern
zu suchen und ferner manche Symptome anders zu bewerten, als
es z. B. KLEIST in seinem patho-physiologischen Erklärungs-
versuch der Symptome des striären Systems tut.
Bei dieser vielseitigen Bedeutung einer patho-physiologischen
Erklärung des Syndroms eines Griseum oder eines Neuronen-
systems, insbesondere aber bei unserem persönlichen Endziele,
aus der Pathologie normal-physiologische Erkenntnisse abzuleiten,
ist es tief bedauerlich, daß wir eine causale Begründung der Sym-
ptome der Erkrankungen des striären Systems nicht auf einer
empirisch vollkommen gesicherten Basis aufbauen können. Wenn
wir uns aber trotzdem schon jetzt, mit unseren theoretischen An-
schauungen an die Öffentlichkeit wagen, so geschieht es, weil sie
sich uns — wie wir in bezug auf die akinetischen Erscheinungen
bereits andeuteten — als heuristisches Prinzip bewährt haben und
weil wir noch weitergehenden Nutzen in dieser Richtung auch
für die Zukunft von ihnen erwarten.
Dem folgenden patho-physiologischen Erklärungsversuch sollen
die fasersystematischen und synaptologischeiP Feststellungen des
ersten Abschnittes zugrunde gelegt werden.
Wir müssen der Zukunft die Entscheidung überlassen, wie-
weit die betreffenden anatomischen Feststellungen durch neue Ein-
blicke eine Modifizierung erfahren und dadurch auch die im folgen-
den entwickelten Anschauungen einer Korrektur bedürfen werden.
i Bezüglich dieses Begriffes vgl. unsere ,,Allgemeinere Ergebnisse unserer
Hirnforschung", Journal für Psychologie und Neurologie, Bd. 25, Ergän-
zungsheft 1, 8.15!