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Vogt, Cécile; Vogt, Oskar; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 14. Abhandlung): Zur Kenntnis der pathologischen Veränderungen des Striatum und des Pallidum und zur Pathophysiologie der dabei auftretenden Krankheitserscheinungen — Heidelberg, 1919

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36566#0045
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Zur Kenntnis der pathologischen Veränderungen des Striatum. (B. 14) 45

an — sie können ja mit den oben supponierten mehr oder weniger
identisch sein —, so sind Bahnen vorhanden, um die an corticale
Prozesse sich anschheßenden affektiven Entladungen auf das
Striatum + Pallidum verständlich zu machen.
Zu der Annahme, daß + ^ + auf indirektem Wege von
den verschiedenen Regionen des Cortex beeinflußt werden können,
zwingt uns aber noch eine andere klinische Feststellung: die Stei-
gerung der substriären Hyperkinesen oder anders ausgedrückt der
enthemmten Pallidumfunktionen durch Sinnesreize, durch Ein-
stellung der Aufmerksamkeit auf diese Hyperkinesen und vor
allem durch Affekte.
Wir müssen uns jetzt noch kurz mit der Tatsache befassen,
aus welchem Grunde in denjenigen Fällen, in welchen das Striatum-
syndrom nicht die ganze Muskulatur befällt, gerade die im Einzel-
fall betroffenen Muskelgruppen erkrankt sind. Die Ursache ist
darin zu suchen, daß die einzelnen Körperregionen zu bestimmten
Teilen des Striatum in Beziehung stehen, oder anders ausgedrückt,
daß das Striatum wie die Area gigantopyramidalis eine .%u??6do-
Gliederung aufweist.
Unsere Fälle von Status marmoratus lehren uns, daß der
orale Teil des Striatum zur Sprache und zum Schlucken in Bezie-
hung steht, der caudalere zu der übrigen Muskulatur. Dieser
Schluß wird durch v. EcoNonos Fall Karl P. noch gestützt. Hier
traten früher und intensiver Sprachstörungen auf als in den
anderen Fällen von Totalnekrose. Dementsprechend ergab die
Autopsie eine schwere primäre Erkrankung des Gaudatum, während
in den Fällen WiLSONs und THOMALLAs dieselbe fehlt und die
Sprachstörung deshalb auf die allmähliche Vernichtung der caudato-
pallidären (und eventuell der oralsten putamino-pallidären) Fasern
zurückzuführen ist. MiNGAZzixi fand bei der Sektion eines Kran-
ken, der an Monotremor des Arms und der Hand gelitten hatte,
eine Erkrankung der mittleren Partien des Putamcn. Da — wie
wir oben sahen — die mimische Starre bald zusammen mit Sprach-,
bald mit Armstörungen auftritt-, werden wir das Facialiszentrum
zwischen das Articulations- und das Armgebiet des Striatum ver-
legen. Endlich werden wir den caudalsten Teil des Striatum für
Rumpf und Bein beanspruchen. So wird dann auch die Tatsache
verständlich, daß die am meisten räumlich voneinander entfernten
Zentren, das für Sprache und Schlucken und das für das Gehen,
am häufigsten isoliert erkranken.
 
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