46 (B. 14)
ÜECILE und OSKAR VOGT:
Zum Schlüsse dieser Ausführungen möchten wir noch einen
Punkt berühren: die Ähnlichkeit eines Teils der Erscheinungen des
Striatumsyndroms mit der Motilität der frühesten Kindheit.
FREUD, ÄNTON u. a. haben speziell auf die Verwandtschaft zwischen
Ausdrucksbewegungen und choreatischen Spontan- und Mit-
bewegungen hingewiesen. ZiNGERLE hat betont, daß kleine Kinder
vor der vollständigen Beherrschung des Gehens Pulsionen zeigen.
Wir haben nun unsererseits im 1. Kapitel konstatiert, daß die
strio-pallidäre Faserung relativ spät in das Stadium der Mark-
reifung eintritt. Ihr fehlen die Markscheiden noch im 5. Lehens-
monat. Dagegen umhüllen sich die Pallidumsysteme sehr früh
mit Mark. Wenn wir auch nun immer den Standpunkt als im
Widerspruch mit bestimmten Tatsachen stehend bekämpft haben,
daß der Beginn der Markreifung den Beginn der Funktion anzeige,
so existiert doch eine weitgehende Berechtigung, aus diesen extre-
men Markreifungsdifferenzen auf einen ungleichen Anfang der Funk-
tion des Pallidum und des Striatum zu schließen. Die Ausdrucks-
bewegungen des kleinen Kindes werden danach vom Pallidum be-
herrscht. Fs wird so die Ähnlichkeit zwischen dem striären Syndrom
und der Motilität des kleinen Kindes ohne weiteres verständlich.
Was nun die Pathophysiologie des — d. h.
eine allgemeine Versteifung in ganz vertrackten Stellungen —
anbelangt, so bedarf dieselbe bei ihrer Monosymptomatologie nur
weniger Worte. Wir sahen auf S. 22, daß das Syndrom durch eine
Totalnekrose hervorgerufen werden kann. In bezug auf diesen
pathologischen Prozeß kamen wir S. 42 zu der Annahme, daß er
aller Wahrscheinlichkeit nach keinen länger dauernden Reiz-
zustand auszulösen pflegt. Es spricht also bei der durch Total-
nekrose bedingten Pallidumstarre neben ihrem Dauercharakter
auch noch der pathologische Prozeß dafür, daß ihr eine Enthem-
mung subpallidärer Zentren zugrunde liegt. Wenn eine solche
Enthemmung die pallidäre Starre der Totalnekrose veranlaßt, so
ist es gegeben, dieselbe Ursache für die gleichartige Versteifung
hei dem Status dysmyelinisatus anzunehmen. Welches das oder
die subpallidären Grisea sind, deren Enthemmung das Pallidum-
syndrom auslöst, vermögen wir vorläufig nicht zu entscheiden.
Hier könnte eventuell die experimentelle Physiologie mit Nutzen
einsetzen, nachdem SnERRiNGTON in der ,,decerebrated rigidity"
einen Symptomenkomplex künstlich hervorgerufen hat, der wenig-
stens viele Berührungspunkte mit dem Pallidumsyndrom aufweist.
ÜECILE und OSKAR VOGT:
Zum Schlüsse dieser Ausführungen möchten wir noch einen
Punkt berühren: die Ähnlichkeit eines Teils der Erscheinungen des
Striatumsyndroms mit der Motilität der frühesten Kindheit.
FREUD, ÄNTON u. a. haben speziell auf die Verwandtschaft zwischen
Ausdrucksbewegungen und choreatischen Spontan- und Mit-
bewegungen hingewiesen. ZiNGERLE hat betont, daß kleine Kinder
vor der vollständigen Beherrschung des Gehens Pulsionen zeigen.
Wir haben nun unsererseits im 1. Kapitel konstatiert, daß die
strio-pallidäre Faserung relativ spät in das Stadium der Mark-
reifung eintritt. Ihr fehlen die Markscheiden noch im 5. Lehens-
monat. Dagegen umhüllen sich die Pallidumsysteme sehr früh
mit Mark. Wenn wir auch nun immer den Standpunkt als im
Widerspruch mit bestimmten Tatsachen stehend bekämpft haben,
daß der Beginn der Markreifung den Beginn der Funktion anzeige,
so existiert doch eine weitgehende Berechtigung, aus diesen extre-
men Markreifungsdifferenzen auf einen ungleichen Anfang der Funk-
tion des Pallidum und des Striatum zu schließen. Die Ausdrucks-
bewegungen des kleinen Kindes werden danach vom Pallidum be-
herrscht. Fs wird so die Ähnlichkeit zwischen dem striären Syndrom
und der Motilität des kleinen Kindes ohne weiteres verständlich.
Was nun die Pathophysiologie des — d. h.
eine allgemeine Versteifung in ganz vertrackten Stellungen —
anbelangt, so bedarf dieselbe bei ihrer Monosymptomatologie nur
weniger Worte. Wir sahen auf S. 22, daß das Syndrom durch eine
Totalnekrose hervorgerufen werden kann. In bezug auf diesen
pathologischen Prozeß kamen wir S. 42 zu der Annahme, daß er
aller Wahrscheinlichkeit nach keinen länger dauernden Reiz-
zustand auszulösen pflegt. Es spricht also bei der durch Total-
nekrose bedingten Pallidumstarre neben ihrem Dauercharakter
auch noch der pathologische Prozeß dafür, daß ihr eine Enthem-
mung subpallidärer Zentren zugrunde liegt. Wenn eine solche
Enthemmung die pallidäre Starre der Totalnekrose veranlaßt, so
ist es gegeben, dieselbe Ursache für die gleichartige Versteifung
hei dem Status dysmyelinisatus anzunehmen. Welches das oder
die subpallidären Grisea sind, deren Enthemmung das Pallidum-
syndrom auslöst, vermögen wir vorläufig nicht zu entscheiden.
Hier könnte eventuell die experimentelle Physiologie mit Nutzen
einsetzen, nachdem SnERRiNGTON in der ,,decerebrated rigidity"
einen Symptomenkomplex künstlich hervorgerufen hat, der wenig-
stens viele Berührungspunkte mit dem Pallidumsyndrom aufweist.