Zur Kenntnis der pathologischen Veränderungen des Striatum. (B. 14)
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Motilitätsstörungen auch sie in das striäre System zu verlegen und
für sie — wie soeben gesagt — eine konstitutionelle oder evtl,
auch erworbene Schwäche des Striatum als Ursache anzunehmen.
Wir sind gewiß ernstlich bemüht gewesen durch psychische
Analyse eine möglichst tiefgehende Causalerklärung der hysteri-
schen Erscheinungen anzustreben. Aber schließlich führt — wie
0. VoGT schon 1900 auf dem Pariser Psychiaterkongreß ausführte
— alle Psychoanalyse trotz gegenteiliger Behauptungen der Freu-
dianer zu einer psychologisch nicht mehr erklärbaren anormalen
Reaktionsform. Eine Einigung über das Wesen dieser, eine
Klärung ihrer Verursachung und die Frage ihrer therapeutischen
Beeinflußbarkeit hat die Aufdeckung ihres pathologisch-anatomi-
schen Substrats zur Voraussetzung. Vielleicht wird ein Suchen
dieses Substrats — wenigstens für gewisse Formen der Hysterie —
im Striatum von mehr Erfolg gekrönt sein, als die bisherige Durch-
forschung der Hirnrinde.
Man lächele nicht zu vorschnell. Im Jahre 1911 schrieb
EniNGER, also ein Mann, der an Phantasie FLECHSIG beinahe den
Rang abgelaufen hat: ,,Es gibt kaum einen Punkt, der so beweist,
wie weit bisher noch unsere Beobachtungsfähigkeit zurück ist, als
der Umstand, daß wir bis heute weder von den Funktionen des
Corpus striatum noch von den Symptomen etwas wissen, die ein-
treten, wenn es zerstört oder wenn es gereizt wird. Da ist ein
mächtiger Hirnteil, der von enormer Bedeutung sein muß, sonst
wäre er nicht von den Fischen an aufwärts vorhanden, ein Hirn-
teil, der bei den Vögeln die Hauptmasse des ganzen Großhirns
ausmacht, zudem ein Gebilde, in dem außerordentlich oft beim
Menschen Krankheitsherde gefunden werden und doch hat niemals
jemand ein Symptom entdeckt, das von ihm ausgeht."
Wer diese Ausführungen mit den Feststellungen unseres
zweiten Abschnittes vergleicht, wird uns wohl die Berechtigung
eines gewissen Optimismus zugestehen.
Ja ein solcher Optimismus scheint nicht nur in dieser speziellen
Frage, sondern überhaupt in der Hirnforschung berechtigt zu sein,
wenn mehr als bisher Fü RR Rix GER scher Geist diese beherrschen
wird. Wir verehren in unserem heutigen Jubilar einen Mann,
der in der Exaktheit seiner Feststellungen, im unermüdlichen
Durchdenken der einschlägigen Probleme, in kühner Anwendung
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Motilitätsstörungen auch sie in das striäre System zu verlegen und
für sie — wie soeben gesagt — eine konstitutionelle oder evtl,
auch erworbene Schwäche des Striatum als Ursache anzunehmen.
Wir sind gewiß ernstlich bemüht gewesen durch psychische
Analyse eine möglichst tiefgehende Causalerklärung der hysteri-
schen Erscheinungen anzustreben. Aber schließlich führt — wie
0. VoGT schon 1900 auf dem Pariser Psychiaterkongreß ausführte
— alle Psychoanalyse trotz gegenteiliger Behauptungen der Freu-
dianer zu einer psychologisch nicht mehr erklärbaren anormalen
Reaktionsform. Eine Einigung über das Wesen dieser, eine
Klärung ihrer Verursachung und die Frage ihrer therapeutischen
Beeinflußbarkeit hat die Aufdeckung ihres pathologisch-anatomi-
schen Substrats zur Voraussetzung. Vielleicht wird ein Suchen
dieses Substrats — wenigstens für gewisse Formen der Hysterie —
im Striatum von mehr Erfolg gekrönt sein, als die bisherige Durch-
forschung der Hirnrinde.
Man lächele nicht zu vorschnell. Im Jahre 1911 schrieb
EniNGER, also ein Mann, der an Phantasie FLECHSIG beinahe den
Rang abgelaufen hat: ,,Es gibt kaum einen Punkt, der so beweist,
wie weit bisher noch unsere Beobachtungsfähigkeit zurück ist, als
der Umstand, daß wir bis heute weder von den Funktionen des
Corpus striatum noch von den Symptomen etwas wissen, die ein-
treten, wenn es zerstört oder wenn es gereizt wird. Da ist ein
mächtiger Hirnteil, der von enormer Bedeutung sein muß, sonst
wäre er nicht von den Fischen an aufwärts vorhanden, ein Hirn-
teil, der bei den Vögeln die Hauptmasse des ganzen Großhirns
ausmacht, zudem ein Gebilde, in dem außerordentlich oft beim
Menschen Krankheitsherde gefunden werden und doch hat niemals
jemand ein Symptom entdeckt, das von ihm ausgeht."
Wer diese Ausführungen mit den Feststellungen unseres
zweiten Abschnittes vergleicht, wird uns wohl die Berechtigung
eines gewissen Optimismus zugestehen.
Ja ein solcher Optimismus scheint nicht nur in dieser speziellen
Frage, sondern überhaupt in der Hirnforschung berechtigt zu sein,
wenn mehr als bisher Fü RR Rix GER scher Geist diese beherrschen
wird. Wir verehren in unserem heutigen Jubilar einen Mann,
der in der Exaktheit seiner Feststellungen, im unermüdlichen
Durchdenken der einschlägigen Probleme, in kühner Anwendung