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Möllendorff, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 9. Abhandlung): Über Funktionsbeginn und Funktionsbestimmung in den Harnorganen von Kaulquappen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36561#0003
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Die Erforschung der Zehstruktur strebt dem Ziele zu, die-
jenigen Gestaltungen zu erfassen, die für die Leistungen der Zehen
wesentlich sind. Diesem Ziel auch nur nahe zu kommen, daran
muß die reine Morphologie heute verzweifeln, da es sich immer
mehr zeigt, daß fast allen Leistungen der lebenden Materie Kolloid-
vorgänge zugrunde liegen, die sich in dem. eigenartigen Gemisch,
das wir Protoplasma nennen, abspielen. So haben wir erkannt,
daß wohl die meisten Beziehungen, die wir zwischen Bau und
Funktion der Zellen herzustehen gewohnt sind, nur vergleichs-
weise richtig sind, d. h. nach Abzug aller Veränderungen, die
unsere technischen Hilfsmittel in dem lebenden Protoplasma setzen.
Leider ist aber das Wesen dieser Veränderungen bis auf den heu-
tigen Tag noch sehr unvollkommen erforscht, so daß wir über die
Wirkung fast aller Fixationsmittel, von derjenigen der Farbstoffe
ganz zu schweigen, sehr wenig wissen.
Unter diesen Umständen ist es begreiflich, daß jede Methode,
die irgend eine Leistung der Zehen unmittelbar zum Ausdruck
bringt — mag diese Leistung selbst bekannt oder auch in ihrer
Deutung schwankend sein —, jedesmal einen Fortschritt unserer
Kenntnis typischer Beziehungen zwischen Bau und Funktion der
Zehen bedeutet. Vielfach werden dann vermutete Beziehungen
bewiesen, andere als falsch erkannt.
Diese Bedeutung muß auch der Methode der vitalen Färbung
mit sauren Farbstoffen zuerkannt werden, mag man sie vom rein
morphologischen Standpunkt aus beurteilen wie man will. Zudem
sind die Verteilungsgesetze saurer Farbstoffe heute schon so gut
bekannt, daß wir nach dem Ausfall der Färbung bestimmte Schlüsse
auf Bau und Eigenschaften der gefärbten Zellen ziehen können.
Gelegentlich meiner langjährigen Beschäftigung mit Farb-
stoffen, fand ich (1916, S. 85), daß auch an Kaulquappen die vitale
Speicherung saurer Farbstoffe gelingt, und von Anbeginn an fes-
selten mich die schönen Speicherungsbilder, die sich in Vor- und
Urnierenzellen bei diesen Objekten dem Auge darbieten. Ich hoffe
jetzt darlegen zu können, daß diese Methode die histologischen
 
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