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Kossel, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1921, 1. Abhandlung): Über die Beziehung der Biochemie zu den morphologischen Wissenschaften: Rede ... — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41199#0007
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Über die Beziehung der Biochemie zu den morphologischen Wissenschaften. 7
chemischen Produkte ist eine unendlich große, aber diese Unend-
lichkeit erstreckt sich nur nach bestimmten Richtungen hin.
Die Folge dieser Beschränkung ist die Wiederkehr gewisser
chemischer Grundformen in allen Teilen des Tier- und Pflanzen-
reichs. Meist sind die Kohlenstoffatome, die gewissermaßen das
Skelett dieser organischen Bestandteile bilden, in offenen Ketten an
einander gereiht. Dies ist der Fall bei den sauerstoffreicheren
Kohlehydraten und den sauerstoffarmeren Fettsäuren, ferner hei
den Amidosäuren, welche gewissermaßen zwei Pole enthalten, von
denen der eine basische, der andere saure Eigenschaften bedingt.
Daneben sind aber auch ringförmige Atomgruppierungen in jeder
lebenden Zelle zu finden, die in mehreren verschiedenen Formen
erscheinen können. Alle diese Atomgruppen fügen sich nun als
Bausteine zu komplizierteren Systemen zusammen, und so entstehen
die großen Moleküle, die als Eiweißstoffe, als Fette und als Poly-
saccharide bekannt sind.
Ein Teil dieser chemischen Gebilde ist in völlig gleicher Form
durch alle Gebiete des Tier- und Pflanzenreichs hindurch zu finden,
ein anderer Teil tritt hie und da in veränderter Gestalt auf. Zu-
weilen ist durch die Reihe der Organismen hindurch nur der Grund-
riß des Moleküls als ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht er-
kennbar, wir sehen, wie dieser Grundriß in den verschiedenen
Klassen und Ordnungen und Kreisen bald an dieser, bald an jener
Stelle ausgebaut oder auch vereinfacht wird; oder wir sehen, wie
das Molekül, welches in der Ursprungsform eine Einheit bildete, in
den weiter entwickelten Formen in mehrere Teile zerlegt ist.
Es ist ganz klar, daß diese Beziehungen, für die ich später
noch einige Beispiele anführen möchte, eine Bearbeitung im Sinne
der vergleichenden Anatomie als möglich erscheinen lassen. Wenn
es gelingt, eine solche Vergleichung auf eine sichere wissenschaft-
liche Grundlage zu stellen, so bietet sie den großen Vorteil, daß
sie ein für alle Klassen der Tiere und Pflanzen gültiges, ganz
durchgängiges Vergleichungsprinzip ergeben kann, welches scharfe
Definitionen zuläßt. Die chemische Betrachtungsweise gestattet z. B.
die Eiweißkörper der Bakterien denen der höher entwickelten Orga-
nismen gegenüber zu stellen und die Abweichungen im Bau des
Eiweißmoleküls zu beschreiben, welche beim Übergang einer Klasse
der niederen Organismen zu anderen oder vom Pflanzenreich zum
Tierreich zu bemerken sind.
Ein derartiges Vorgehen scheint sehr wichtige Ergebnisse zu
 
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