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Kossel, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1921, 1. Abhandlung): Über die Beziehung der Biochemie zu den morphologischen Wissenschaften: Rede ... — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41199#0009
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Über die Beziehung der Biochemie zu den morphologischen Wissenschaften. 9
bild zeigt vier ringförmige Anordnungen von Kohlenstoff- und Stick-
stoffatomen, sogenannte Pyrrolringe, welche um ein zentral gelegenes
Eisenatom gelagert und mit ihm verbunden sind. Diese Ringe
stehen mit seitlich angelagerten Ketten von Kohlenstoffatomen in
Zusammenhang. Nun haben die Untersuchungen über die Farb-
stoffe der grünen Blätter eine erstaunliche Ähnlichkeit ihrer Struktur
mit der des Blutfarbstoffs ergeben. Auch hier sind vier Pyrrolringe
vorhanden und auch hier hält ein metallisches Element, das Ma-
gnesium, gewissermaßen als Zentralatom, die vier Ringe gefaßt.
Durch vorsichtigen chemischen Abbau gelingt es, die unterschied-
lichen Atome und Atomgruppen aus beiden Systemen, dem tierischen
und dem pflanzlichen, herauszunehmen, so daß ein Produkt entsteht,
welches immer noch die vier Pyrrolringe, also immer noch ein
eigenartiges kompliziertes Gebäude von 31 Kohlenstoffatomen ent-
hält, und uns den gemeinsamen Grundriß beider Farbstoff gruppen
deutlich vor Augen führt.
Würde eine so besondere Atomgruppierung in mehreren,
einander nahestehenden Gebieten des Tierreichs oder des Pflanzen-
reichs auftreten und im übrigen nicht Vorkommen, so könnte man
allenfalls versucht sein, sie als eine einmal erworbene und dann
vererbte Eigentümlichkeit zu betrachten. Zu einer solchen Annahme
ist man aber durchaus nicht gezwungen. Man wird auch andere
Möglichkeiten erwägen müssen, zunächst die Annahme, daß diese
Atomgruppierung überhaupt gar keine besondere Eigentümlichkeit
der beiden Farbstoffe darstellt, sondern daß sie in vielen, vielleicht
in allen lebenden Teilen vorkommt und daß es nur bisher noch
nicht gelungen ist, sie anderswo nachzuweisen. Ein solcher Fall
würde in der Geschichte der Biochemie nicht ohne Beispiel dastehen.
Man fand in der Galle einen eigenartigen Bestandteil, den man als
Cholesterin bezeichnete. Als man bald darauf auch denselben, oder
wie sich später zeigte, einen sehr ähnlichen Körper in den Erbsen
und Bohnen entdeckte, war man erstaunt über den geheimnisvollen
chemischen Zusammenhang, zwischen der Galle und diesen Pflanzen.
Allmählich stellte sich dann heraus, daß nicht nur die Galle und
die Bohnen, sondern jede entwicklungsfähige Zelle der Tiere und
der Pflanzen eine Art Cholesterin enthält und daß dieser Stoff einer
großen Gruppe ähnlicher Substanzen zugehört, deren Glieder durch
das ganze Tier- und Pflanzenreich hindurch verbreitet sind.
Die Untersuchungen über die Verbreitung des Blutfarbstoffs
im Tierreich haben zu einem überraschenden Ergebnis geführt.
 
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