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Kossel, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1921, 1. Abhandlung): Über die Beziehung der Biochemie zu den morphologischen Wissenschaften: Rede ... — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41199#0011
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Über die Beziehung der Biochemie zu den morphologischen Wissenschaften. 11
Ähnliche Erscheinungen lassen sich auch bei einer anderen
Gruppe von biochemischen Produkten beobachten, welche durch
die Zusammenlagerung von zuckerähnlichen Bausteinen gebildet
werden. Die Cellulose, welche aus Traubenzuckermolekülen
zusammengefügt ist, findet sich im Pflanzenreich in weitester
Verbreitung und man könnte sie als ein Kennzeichen pflanz-
licher Organisation betrachten, wenn sie nicht unvermittelt
auch bei einem ziemlich hoch organisierten und dem Wirbel
tiertypus nahestehenden Kreise der Wirbellosen, nämlich den
Tunicaten, auftauchte. Umgekehrt ist es bei einem anderen Ab-
kömmling der Zuckerarten, der sich durch seinen Gehalt an Stick-
stoff auszeichnet, dem Chitin. Dieser Stoff hat als Stütz- und
Skelettsubstanz sowie als Panzer in den Klassen der Insekten, der
Spinnen und der Krebse eine weite Verbreitung und läßt sich im
System der wirbellosen Tiere nach oben zu bis hinauf zu den Tinten-
fischen und nach unten zu bis zu den einfachsten Cölenteraten, den
Polypen, verfolgen. Das Vorkommen des Chitins schien hiernach
auf bestimmte Tiergruppen begrenzt zu sein, bis die Untersuchungen,
die Araki in Hoppe-Seylers Laboratorium anstellte, zeigten, daß
auch dieses Produkt noch an anderer Stelle der Organismenwelt
zu finden ist. In den Zellmembranen von Pilzen konnte er einen
Stoff nachweisen, der denselben chemischen Bau hat wie das Chitin
und der sich demgemäß durch eine ziemlich leichte chemische Um-
wandlung aus dem Chitin darstellen läßt.
Ebenso sind noch viele andere chemische Bildungen, die auf
den ersten Blick einem bestimmten Kreise von Organismen zuzu-
gehören scheinen, durch die ganze Reihe- der Tiere und Pflanzen
zerstreut. Wir können drei Stufen der Verbreitung organischer
Zellprodukte unterscheiden. Da die lebende Substanz, wie ich eben
hervorgehoben habe, in ihrem chemischen Betrieb auf bestimmte
Reaktionsmöglichkeiten beschränkt ist, so ist es verständlich, daß
für die allen verschiedenartigen Organismen gemeinsamen Lebens-
erfordernisse auch die gleichen chemischen Hilfsmittel geschaffen
werden. So kommt es, daß wir ein Verzeichnis von Stoffen auf-
stellen können, die sich in jeder entwicklungsfähigen Zelle als
„primäre“ Bestandteile vorfinden.
Neben ihnen treten andere auf, die den speziellen Bedürfnissen
der Spezies oder des Typus entsprechen und die wir als „sekun-
däre“ bezeichnen wollen und die Mehrzahl dieser Stoffe kann ihrer
Struktur nach als Umwandlungsprodukt aus einem der primären
 
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