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Duhn, Friedrich von; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 1. Abhandlung): Der Dioskurentempel in Neapel — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32138#0026
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18

F. von Duhn:

gelegt wurden, mögen dann die Torsi zunächst achtlos, wie das oft
im Süden geschah und gesc-hieht — ich erinnere an Erscheinungen
beim Niederreihen der Villa Ludovisi —, ihren Platz im Schutt nahe
der Kirche gefunden haben und dort dann, sei es nach Summonte
1578 oder nach Capaccio 1591, nochmals entdeckt worden sein.
Immerhin mag ihre Entfernung aus dem Giebel und somit die
Öffnung der Lücke schon in sehr früher Zeit, vielleicht bei erster
Errichtung der Kirche um 800 erfolgt sein, zu einer Zeit, als man
noch glaubte Anlaß zu liaben, die Konkurrenz der heidnischen Gott-
lieiten zu fürchten. Wer die von Summonte mitgeteilte Deutung auf
Caesar und Augustus aufstellte, hatte clie griechische Tempelinschrift
nicht gelesen oder nicht verstanden; bald drang diese Erkenntnis
von neuem durch und nun erinnerte man sich entweder, dah die
Torsi schon früher vorhanden und bereits auf die Dioskuren ge-
deutet waren, oder man machte diese Ivombination von neuem und
brachte in maiorem ecciesiae gloriam ihr Verschwinden aus dem
Giebelfeld mit Petrus zusammen, obschon es Schwierigkeiten machte
— deren man sich auch ganz wohl bewußt wurde, die Verse zeigen
das -—, dem Petrus das Wunder zuzuschreiben, den Paulus aber
seit alter Zeit als Herrn der Kirche betrachten zu müssen. Man
mochte durch die Verbindung der beiden Aposteifürsten glauben,
die alten Dioskuren durch zwei christliche zu ersetzen. Man mauerte
nunmehr die Torsi liegend, um das Herabgeschleudertsein augen-
fällig zu machen, ein und setzte mit der Erklärung auf die Dioskuren
die famosen Verse dazu, welche das Wunder des Petrus mit der
Weihung an Paulus, so gut es eben gehen woilte, in Harmonie
bringen sollten.

Ich bin völlig überzeugt, daß es die Leiber der beiden Dios-
kuren aus den Giebeln sind. Trotz der Verstümmelung, die viel-
leicht absichtlich erfolgt ist, um clie Nurnina unschädlich zu machen,
ist der Eindruck des Erhaltenen ganz vorzüglich, gleichwertig dem
Besten, was wir von derartigen „polykletischen“ Gestalten der ersten
Kaiserzeit besitzen. Gerade das Museum von Neapel bietet unter
clen Statuen aus Farnesischem Besitz Vergleichsmaterial genug, um
diesen Satz aussprechen zu können. Das Nackte ist scharf und
klar, ohne liart, starr und kleinlich zn werden. Auch was von der
Gewandung erhalten ist, zeigt uns jene noch freie weiche Behancl-
lung, die unter den Fiaviern für einige Zeit ödem Schematismus,
später kaltem Neoklassizismus weicht.

Wie die Dioskuren im einzelnen zu ergänzen, zneinander nnd
 
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