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K. Hampe:
Bürger jenem clie verderblichsten Anschläge auf die Freiheit der
Stadt zutrauten, gab er sich wiederholt in des Burgwarts Hand, so
auch, als man einstmals versuchte, Dipold von Acerra durch die
Aussicht auf Überlieferung des Erzbischofs, der ihm gleichsam als
Köder dienen sollte, zu eigner Gefangennahme auf die Burg zu
locken. Die Hülfe der Capuaner Bürger und Einkünfte des Erzbis-
tums wurden dem Kastellan zum Unterhalt der Burg überlassen.
Es klingt nun durchaus nicht unwahrscheinlich, daß dieser im
Gefühl seiner sicheren Stellung, insbesondere seines Rückhaltes an
der Kurie, über die Rechtslinie hinausgriff, aus dem Genuh jener
Einkünfte Besitzansprüche folgerte, Fischereigerechtsame, Dienste deü
kirchlichen Hintersassen, Zehnten des Capuaner Bajulats usurpierte
und gar den Papst im Interesse des Burgregiments um Bestätigung
von erzbischöflichen Besitzungen am Unterlauf des Volturno zu seinen
Gunsten anging. Daraus erwuchs eine erbitterte Feindschaft, die
sich, wie Rainald erzählt, in einer Reihe von Übergriffen und Drang-
salierungen: Tötung eines erzbischöflichen Dieners, Überfall einer
Capuaner Kirche u. dgl. äußertc. Wenn Rainald auch in der für
Geld gewährten Lösung gefangener Anhänger Dipolds persönliche
Habsucht des Kastellans zum Schaden der Provinz erblickt, so mag
das ein Zug sein, der von dem Erzbiscliof insbesondere darauf be-
rechnet war, auf Innozenz III. Eindruck zu machen, galt es doch
nach seiner Meinung, den Verleumdungen cles Burgwarts beim
Papste, cler. wie jener verbreitete, Rainald gänzlich aus seiner Gnacle
habe fallen lassen, möglichst wirkungsvoli entgegenzutreten. Denn
clie Stellung des Erzbischofs konnte leicht völlig ins Wanken ge-
raten, wenn er seine Stütze am päpstlichen Hofe verlor.
So sandte er an Innozenz ein längeres Rechtfertigungsschreiben
und bat um die Entsendung eines Bevollmächtigten zur Untersuchung
und Beilegung des Streites, der bei der Bedeutung Capuas für die
päpstliche Sache in der Terra cli Lavoro in der Tat höchst ver-
derblich werden konnte. 57) Merkwürdigerweise liegt uns ein ganz
ähnliches Schriftstück, das indes teilweise etwas andres Tatsachen-
material heranzieht, noch in einer anderen Ausfertigung an einen
höheren Prälaten der Nachbarschaft, in dem ich den Kardinalabt
Roffrid von Montecassino vermuten möchte, vor 58), und zwar mit
clemselben Ersuchen um Entsendung eines Schiedsrichters. Beicle
57) Vgl. unten Nr. 4.
58) Vgl. unten Nr. 3,
K. Hampe:
Bürger jenem clie verderblichsten Anschläge auf die Freiheit der
Stadt zutrauten, gab er sich wiederholt in des Burgwarts Hand, so
auch, als man einstmals versuchte, Dipold von Acerra durch die
Aussicht auf Überlieferung des Erzbischofs, der ihm gleichsam als
Köder dienen sollte, zu eigner Gefangennahme auf die Burg zu
locken. Die Hülfe der Capuaner Bürger und Einkünfte des Erzbis-
tums wurden dem Kastellan zum Unterhalt der Burg überlassen.
Es klingt nun durchaus nicht unwahrscheinlich, daß dieser im
Gefühl seiner sicheren Stellung, insbesondere seines Rückhaltes an
der Kurie, über die Rechtslinie hinausgriff, aus dem Genuh jener
Einkünfte Besitzansprüche folgerte, Fischereigerechtsame, Dienste deü
kirchlichen Hintersassen, Zehnten des Capuaner Bajulats usurpierte
und gar den Papst im Interesse des Burgregiments um Bestätigung
von erzbischöflichen Besitzungen am Unterlauf des Volturno zu seinen
Gunsten anging. Daraus erwuchs eine erbitterte Feindschaft, die
sich, wie Rainald erzählt, in einer Reihe von Übergriffen und Drang-
salierungen: Tötung eines erzbischöflichen Dieners, Überfall einer
Capuaner Kirche u. dgl. äußertc. Wenn Rainald auch in der für
Geld gewährten Lösung gefangener Anhänger Dipolds persönliche
Habsucht des Kastellans zum Schaden der Provinz erblickt, so mag
das ein Zug sein, der von dem Erzbiscliof insbesondere darauf be-
rechnet war, auf Innozenz III. Eindruck zu machen, galt es doch
nach seiner Meinung, den Verleumdungen cles Burgwarts beim
Papste, cler. wie jener verbreitete, Rainald gänzlich aus seiner Gnacle
habe fallen lassen, möglichst wirkungsvoli entgegenzutreten. Denn
clie Stellung des Erzbischofs konnte leicht völlig ins Wanken ge-
raten, wenn er seine Stütze am päpstlichen Hofe verlor.
So sandte er an Innozenz ein längeres Rechtfertigungsschreiben
und bat um die Entsendung eines Bevollmächtigten zur Untersuchung
und Beilegung des Streites, der bei der Bedeutung Capuas für die
päpstliche Sache in der Terra cli Lavoro in der Tat höchst ver-
derblich werden konnte. 57) Merkwürdigerweise liegt uns ein ganz
ähnliches Schriftstück, das indes teilweise etwas andres Tatsachen-
material heranzieht, noch in einer anderen Ausfertigung an einen
höheren Prälaten der Nachbarschaft, in dem ich den Kardinalabt
Roffrid von Montecassino vermuten möchte, vor 58), und zwar mit
clemselben Ersuchen um Entsendung eines Schiedsrichters. Beicle
57) Vgl. unten Nr. 4.
58) Vgl. unten Nr. 3,