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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 6. Abhandlung): Niobiden — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32152#0007
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Niobiden.

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Appliken an Holzsarkophagen gefunden, und ein oft abgebildetes
Beispiel zeigt, wie die einzelnen Figuren verteilt waren. 18) Die
Anordnung zwischen Säulen und Pilastern ist früb — auch der
abschließende Bogen ist nicht spät 19) — und am sidonischen
Sarkophag der Klagefrauen wie am Altar der Athena in Priene
bekannt. 20)

Diese Sarkophage aber sitid selbst eine Art von Mausoleum
und sicherlich als solche Totentempel gedacht, wie ja ihre Archi-
tektur diesen Zusammenhang durch Treppen, Säulen und GiebeP
dach ganz entschieden betont; zwischen den Säulen, vor
oder auf Ballustraden, stehen die Klagefrauen und in unserem
Falle die Niobiden — jedenfalls ein Beweis, daß die Anordnung
auch von Niobidenstatuen zwischen Säulen nichts Absonder-
liches war, und wenn wir bedenken, daß sich auch sonst gerade
bei diesen Sarkophagen nahe Verbindungen mit Kleinasien,
speziell Milet, haben feststellen lassen 21), so wird uns ein Zu-
sammenhang zwischen südrussischen Sarkophagen und klein-
asiatischen Bauten nicht mehr unmöglich erscheinen.

Ich weiß wohl, daß Bedenken übrigbleiben, und möchte
noch kurz auf einige eingehen: Die liegenden Figuren, die den
ihnen zugewiesenen Platz nicht ausfüllen würden, muß man sich
mit einer anderen Figur vereint denken, um auch die notwendige
Vertikale zur Horizontalen zu erhalten. Ferner ist die Größe ver-
schieden, ein Umstand, der in einern Giebelfeld nur nützlich sein
würde: aber wir sehen doch die Kinder der Niobe vor uns, vom
zartesten Alter bis zur reifen Jugendlichkeit; gerade dieser Wechs'el
in Alter und Körperentwicklung ist so besonders reizvoll. Das

18) Watzinger, Griech. Ilolzsarkophage, Abb. 116, 117. Wachter,

Die Blütezeit der griech. Kunst im Spiegel der Reliefsarkophage, Abb. 23.

19) Watzinger, a. a. 0., S. 90. Die dort herangezogenen Stadttore von

Perugia jetzt : R. Schultze, Die römischen Stadttore (Bonner lahr-

bücher, 118), S. 285f., Abb. 1, 2. Zu der Frage : Studniczka, Tropaeum
Traiani, S. 32, Anm. 44. Vgl. Festschrift für 0. Ilirschfeld, S. 417ff., und
Delbrück, Hellenist. Bauten in Latium, I, S. 23ff. Der Bogen über Säulen
kommt auch auf einer der Mitte des dritten Jahrhunderts angehörenden
Hadravase vor, die ich mir in Athen notierte. Gerades Gebälk über Säulen
auf der Vase, American lournal of Arch., XIII, 1909, S. 403, Fig. 8, wo ich
den Zusammenhang mit der Architektur der Sarkophage betont habe. Über
die Datierung siehe ebdt., S. 406f£. Zur Verwendung von Säulen an Grab-
monumenten : Altmann, Die röm. Grabaltäre, S. 136ff.

20) Watzinger, a. a. O. Wiegand-Schrader, Priene, S. 120, Abb. 91.

21) Watzinger, a. a. O., S. 91. Zu den Sarkophagen als „Totentempel“

L. von Sybel in Röm. Mitt., XXIV, 1908, S. 194, und Wachter, a. a. O.,
S. 73.
 
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