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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 6. Abhandlung): Niobiden — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32152#0023
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Niobiden.

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Aber das scheint nur eine freie, spielerische Umbildung des
Malers zu sein, denn die lächelnde Grazie, mit der das Mädchen
den Pfeil in der Hand balanciert, kann dem Original nicht an-
gehört liaben. Unsere Statuette steht dem gemeinsamen
Original näher als das pompejanische Bild. 43) Die letzte Tochter
(Abb. 10 entspricht der zu Abb. 13 besprochenen im Gegen-
sinne. Das linke Bein tritt entblößt aus dem Gewande heraus,
die linke Brust ist ebenfalls unbedeckt. Auch bei ihr ist der
Kopf zur Seite geneigt — vielleicht haben wir auch in ihr
nur eine spätere Variante zu erkennen, so daß wir noch drei
Töchter zu vermissen haben: etwa eine der Toten auf dem
Marmorschild entsprechend und zwei mit Mutter und Amme
vereint — die beiden jüngsten Töchter, wie die beiden jüngsten
Söhne sich dem Vater und dem Pädagogen in die Arme werfen.

Endlich ist noch ein Hirsch erhalten, den man sich zum
Wagen der Artemis gehörend gedacht hat, wie er auf der
oben erwähnten Amphora der Sammlung Jatta dargestellt ist.
Aber das ist aus äußeren Gründen nicht ohne Bedenken. Zu-
nächst gehört die sogenannte Artemis (Abb. 14) nicht zu unserer
Gruppe 44), ferner fehlt. es an Platz für ein so umfangreiches Ge-
bilde, wie ihn der Wagen der Göttin — und dementsprechend
auch der des Apollo —- verlangen würde. Damit kommen wir
zur Verwendung dieser Tonstatuetten.

Ich kann hier eine prachtvoile Vase der Sammlung
Beimers (IVa) im Bilde bringen, welche ebenfalls in Canosa
gefunden ist. Die zwei Krieger, welche an dem Bauch des Ge-
fäßes angebracht sind, stehen auf einem das ganze Gefäß hori-
zontal umgebendem Rand, der den Basen unserer Niobiden völlig
entspricht. Man kann den Versuch machen und den sinkenden
Niobiden an das Gefäß heranhalten, um zu erkennen, daß dies
sein Platz war. Die Krümmung der Rückwand des Niobiden
ist ein wenig weiter als bei dem ganz erhaltenen Gefäß, dessen
Umfang 110 cm beträgt, so daß für etwa anzuordnende Figuren

43) Auf dem Dreifuß mit dem Tod der Söhne fmdet sich das Vorbild
zu dem in Abb. 15 nach Dechelette, Vases orn. de la Gaule rom., 489, ge-
gebenen Sigillatarelief, auf das mich F. Behn hinzuweisen die Freundlichkeit
hatte. Der hier dargestellte kniende Sohn erinnert auf das lebhafteste an
den Sohn rechts im obersten Ring (Sheb., Fig. 30), noch mehr aber an die
Tochter, die rechls im zweiten Ring des anderen Dreifußes kniet (Sheb., 31).

44) Masner, 876. Shebelew, Fig. 65. (Aus den bei MasnEr angeführten
Gründen.)
 
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