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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 6. Abhandlung): Niobiden — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32152#0026
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26

Rudolf Pagenstecher :

in die Ilöhe gerichtet. Auf der anderen Seite nimmt dieselbe
Stelle ein junges Mädchen ein; über welches ich der Freundlich-
keit V. Macchioros von einer Skizze begleitete nähere Angaben
verdanke. Das Mädchen eilt in hastigem Lauf nach r., der r.
Arm ist gebrocheia, der 1. im Ellbogen gebogen vorgestreckt.
Die r. Brust tritt nackt aus dem sonst den ganzen Körper be-
deckenden schönen Gewand heraus. Der Ivopf ist nach r. ge-
wandt. Die größte Ähnlichkeit hat unter unseren Terrakotten
Abb. 13 mit ihr, wenn man den Kopf als verkehrt aufgesetzt
annimmt. Meine Deutung bestätigt V. Macchioro nach seiner
Untersuchung der Vase. Haben wir in der Tat noch zwei Niobiden
vor uns, so darf man annehmen, daß auch unsere Figuren viel-
leicht auf eine größere Anzahl von Gefäßen verteilt waren, wogegen
mir allerdings ihre gemeinsame Auffindung in so großer Zahl zu
sprechen scheint. Die Hamburger Terrakotten dagegen zeugen in
ihrer Zweizahl für diese Anbringung, so daß wir am besten beide
Möglichkeiten offen lassen werden. Bevor wir auf die Momente
eingehen, die sich aus der Betrachtung der Statuetten selbst
heraus für die Datierung darbieten, wollen wir uns den Gewinn
nicht entgehen lassen, den der Nachweis der ehemaligen iknbring-
ung der Figuren an Gefäßen 48) auch für eine genauere Datierung
der Statuetten hat.

Es fällt sofort in die Augen, daß das Gefäß der REiMERs’schen
Sammlung (Ta.f. IV) und das neben ihm abgebildete Stück in
gleichem Besitz aufs engste mit jenen großen Figuren-Askoi (z. B.
Taf. III) verbunden ist, deren Hauptfabrik sich in Canosa be-
funden hat. 49) Mit ihnen teilen sie den Schmuck der plastischen
Masken, mit ihnen die reiche Verzierung durch Statuetten, endlich
ist der weiße Überzug ihnen allen gemeinsam.

Diese verschiedenen Eigenschaften fmden sich in dieser
Weise vereint fast nur in Apulien, hier und da auch in Cam-
panien, die einzelnen Motive aber sind durchgehende Erschein-
ungen in der Iveramik der ganzen hellenistischen Welt. Man hat
oft den Zusammenhang der apulischen Keramik mit der cyprischen
bemerkt und auch in der hellenistischen Zeit ist er nicht zu ver-

48) Diesen Gedanken hat Shebelew auf S. 57 vermutungsvveise ausge-
sprochen.

49) Rayex-Collignon, S. 336ff. Walters, History, I, 119, pl. VI.
Ilauptfundorte sind Canosa (Ruvo), Cumae und Calvi. Vgl. Catal. of Terra-
cotta-s (Brit. Mus.), 1813.
 
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