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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 6. Abhandlung): Niobiden — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32152#0028
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28

Rudolf Pagenstecher :

sonders gut an den beiden prächtigen aus einem Blattkranze auf-
tauchenden Flußgottmasken aut Taf. IV beobachten - rein grie-
chisch ist (die Köpfe sprechen vollkommen des Skopas Sprache,
dessen Knnst überhaupt in Apulien sehr gepflegt worden ist wie
später die seines Schülers Lysipp 58), so geht doch die Form der Ge-
fäße auf apulische Vorbilder zurück. Auch hier haben wir also
wieder das deutliche Verquicken einheimischer und fremder
Elemente. 59) Zu den großen Askoi darf man aus messapischer
Keramik die Beispiele als bekannt nur kurz nennen, aber auch
unsere Vasen haben dort ihre Grundlagen: sie sind deutlich
Weiterbildungen des von Maximilian Mayer ais „Sphagion“
bezeichneten Typus 60), der in dieser Umbildung in der kleineren
Keramik Apuliens nicht gerade selten ist. Ein äußerer Grund,
der der Datierung dieser Gefäße in das dritte Jahrhundert zu
widersprechen und sie später anzusetzen schien, ist schon früher
erledigt worden. 61)

Daß unsere Terrakotten Originalerfindung des Canosiner
Töpfermeisters sind, haben wir oben verneint. Gehören die Ori-
ginale, nach denen er kopierte, auch in das dritte Jahrhundert?

Wir fanden in dem Hamburger sinkenden Sohn eine ganz
merkwürdige Beziehung zu der Niobide aus den Gärten des
Sallust, aber diese Verbindung mit den Werken des fünften
Jahrhunderts ist eine vereinzelte geblieben und das Motiv ist
im vierten Jahrhundert überhaupt noch leichter denkbar als im
fünften, wo es doch immerhin zu den Ausnahmen gehört. Ganz
entschieden weisen uns dagegen die Gestalten der „Psyche“ und
des Mädchens mit entblößtem Oberkörper 62) in das Jahrhundert
des Praxiteles und bei der Betrachtung der leider iragmentierten

58) Ich glaube, daß im Agias eiu so'ches Frühwerk cles Lysipp unter dem
Einfluß des Skopas vorliegt, und daß der Apoxyomenos nur den eigentlichen
reifen Stil des Meisters vertritt. So hat sich mir das Bild vor den neben-
einander aufgestelllen Abgüssen in Rom ergeben. Auch Donalellos Lebens-
werk zeigt beispielsweise ein ungeheures Fortschreiten im Ausdrucks-
vermögen und mahnt uns, im Leben eines Künstlers mit künstlerischer Ent-
wicklung zu rechnen. Durch die Frankfurter Athena ist ja auch Myron
von einer ganz neuen Seite bekannt geworden (Pollak, Oest. J. IIXII,
1909, S. 163).

59) Arch. Anz., 1909, 15.

60) Röm. MÜt., XIX, 1904, S. 281.

61) Rayet-Collignon, S. 338.

62) Amelung, Führer durch d. Antiken in Florenz, Abb. 30; für das
Mädchen mit enlblößtem Oberkörper s. den Pompejanischen Dreifuß und viele
tanagraeische und andere Terrakotten.
 
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